Schlechte Nachricht für Betroffene von Mobbing-Attacken über den Facebook-Messenger. Es gibt keine Gesetzesgrundlage für Herausgabe von Nutzerdaten an Betroffene.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit einer am Freitag veröffentlichtem Entscheidung klargestellt, dass ein Betroffener von rechtwidrig über den Facebook-Messengerdienst verschickt Inhalten nicht beim Gericht die Herausgabe der Absenderdaten durch Facebook verlangen kann.
Nutzerdaten dürften an Betroffene nach § 14 TMG nur im Zusammenhang mit Inhalten von sozialen Netzwerken herausgegeben werden. Der Messenger diene dagegen dem privaten Austausch.
Hintergrund:
Die Klägerin verlangte von Facebook eine Auskunft über Nutzerdaten. Wichtig dabei ist: Die Nutzer des Messenger-Dienstes müssen nicht bei Facebook angemeldet sein, aber alle bei Facebook angemeldeten Nutzer können über den Messenger angeschrieben werden.
Es ging um kompromittierende Nachrichten, die von drei verschiedenen Nutzerkonten über den Messenger an ihre Freunde und Familienangehörige verschickt wurden. Sie hatte zunächst vergeblich von Facebook die Löschung der Beiträge verlangt. Als das nicht funktionierte, sollte das Gericht mit einem Beschluß Facebook erlauben, Auskunft über die Daten der Nutzer mit Namen, E-Mail-Adressen und IP-Adressen zu geben. Das Landgericht wies den gestellten Antrag zurück und jetzt mußte das Oberlandesgericht Frankfurt über die Beschwerde der Betroffenen entscheiden.
Aus der Entscheidung des Gerichts:
Das OLG stellt in seiner Entscheidung fest, dass nach der gegenwärtigen Gesetzeslage die begehrte datenschutzrechtliche Erlaubnis zur Herausgabe der Nutzerdaten an die Antragstellerin deshalb nicht bestehe, da es sich bei dem Messenger um ein Mittel der Individualkommunikation handele. Zwar sei § 14 Abs. 3 TMG auf Facebook anwendbar, soweit es um Kommunikation in einem sozialen Netzwerk gehe. Der Messenger diene jedoch – vergleichbar mit WhatsApp – dem privaten Austausch.
§ 14 Abs. 3 TMG erfasse gegenwärtig nur solche Diensteanbieter, die ein soziales Netzwerk im Sinne von § 1 Abs. 1 NetzDG betreiben. Dafür spreche sowohl der Wortlaut des Gesetzes als auch der Willen des Gesetzgebers. In der Gesetzesbegründung zu § 1 NetzDG heiße es zwar, dass der „oft aggressiv, verletzend und nicht selten hasserfüllt(en)“ „Debattenkultur im Netz“ zu begegnen sei. Gleichzeitig habe der Gesetzgeber jedoch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Individualkommunikation von dem Anwendungsbereich des NetzDG ausgenommen werde. Auch die Verknüpfungsoption des Messengers mit anderen Facebook-Diensten und die Möglichkeit, Nachrichten anonym zu versenden, führe nicht zum Charakter eines sozialen Netzwerks. Zwar erleichtere die Interaktion mit anderen Facebook-Diensten, mit einer Vielzahl von Empfängern ohne großen Aufwand zu kommunizieren. Allein die Möglichkeit, private Nachrichten an einen großen Empfängerkreis zu versenden, führe jedoch nicht zur Annahme eines sozialen Netzwerkes. Ein soziales Netzwerk müsse vielmehr dazu „bestimmt“ sein, „beliebige Inhalte mit anderen Nutzern zu teilen oder zugänglich zu machen“. Das OLG resümiert insoweit: „Messenger erfüllt eine andere Funktion, nämlich die der privaten Kommunikation“.
§ 14 Abs. 3 TMG verdränge auch als speziellere Regelung die allgemeine datenschutzrechtliche Möglichkeit nach § 24 BDSG, Auskunft über Daten zu erteilen. Bei der Umsetzung der DS-GVO und Anpassung des BDSG sei der Gesetzgeber explizit davon ausgegangen, dass weiterer Anpassungsbedarf bestehe, der gesonderte Gesetzesvorhaben erfordere. Das TMG sei bislang indes nicht novelliert und damit in seiner bestehenden Form anzuwenden.
Es sei allerdings nicht zu verkennen, dass dieses Ergebnis für die Antragstellerin unbefriedigend sei. Betroffenen stehe gegenwärtig kein spezieller datenschutzrechtlicher Anspruch zur Seite; ein allgemeiner Auskunftsanspruch nach „Treu und Glauben“ sei fraglich. „Insoweit könnte der Gesetzgeber aufgerufen sein, gegebenenfalls ein Auskunftsanspruch entsprechend der Regelung in § 101 UrhG zu kodifizieren“, deutet das OLG abschließend an.
Das OLG Frankfurt hat die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen, da die Fragen im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken bislang höchstrichterlich nicht geklärt und von grundsätzlicher Bedeutung sei..
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PM OLG Frankfurt/Main vom 21.9.2018
Beschluss vom 06.09.2018, Az. 16 W 27/18