Kennen Sie diesen vertrauenswürdigen Händler namens „Rachid“, der mit hochwertigen Rolex-Uhren handelt? Nein? Dann haben sie Glück gehabt.
Weniger Glück hatte ein gutgläubiger Verkäufer, als er sich mit „Rachid“ im Mai 2009 in einem Düsseldorfer Hotel traf, um ihm seine 12.000 Euro teure Rolex-Uhr zu verkaufen. Dieser „Rachid“ wollte sich von einem angeblich in der Nähe befindlichen Experten die Echtheit der Uhr bestätigen lassen. Zu diesem Zweck übergab der Verkäufer ihm die Uhr, behielt aber die Garantiekarte zurück. Bei so hochwertigen Zeitmessern beweist die Garantiekarte die Echtheit der Uhr und nennt den Namen des Erstkäufers. “Rachid“ verließ das Hotel und ward nicht mehr gesehen. Der Bestohlene erstattete daraufhin Strafanzeige. Doch die Suche nach dem Trickdieb verliefen im Sande und die Staatsanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren ein.
Erst 2016 tauchte die Uhr bei einem Kölner Gebrauchtuhrenhändler wieder auf. Dort erwarb sie ein Uhrenliebhaber für 14.500 Euro, allerdings ohne die fehlende Garantiekarte. Uhren dieser Preisklasse werden regelmäßig zur Wartung (Revision) an den Hersteller geschickt, so auch in diesem Fall. Dabei stellte der Hersteller fest, dass die Uhr bei der Polizei als gestohlen gemeldet war. Daraufhin wurde die Rolex der Polizei übergeben, die sie beschlagnahmte.
Die zuständige Staatsanwaltschaft gab die Uhr bei der Justizkasse NRW in Verwahrung. Als mögliche Empfangsberechtigte der Uhr ermittelte die Staatsanwaltschaft den Kölner Uhrenkäufer und den Erstkäufer der Rolex. Beide beanspruchten das Eigentumsrecht an der wertvollen Rolex und beide hatten für sie viel Geld bezahlt. Nun mußte ein Richter entscheiden.
Es ging bei dem Rechtsstreit um eine knifflige Frage. Der Kölner Gebrauchtuhrenhändler hatte seinem Kunden zwar die Uhr übergeben, aber war der Händler auch berechtigt, seinem Kunden das Eigentumsrecht an der Uhr zu übergeben?
Das Landgericht Bochum entschied mit Urteil vom 13.10.2017 zugunsten des Erstbesitzers. Der klagende Kölner Uhrenkäufer hätte, so das Landgericht, nicht Eigentümer werden können. Die Uhr sei nämlich dem Erstbesitzer abhandengekommen. Das würde einen Eigentumserwerb des Gebrauchtuhrenkäufers ausschließen. Nach der Übergabe der Uhr an “Rachid“ habe er seinen Besitz an der Uhr erst verloren, als der Kaufinteressent, entgegen der Vereinbarung, nicht zurückgekehrt sei.
Der Kölner Rolex-Liebhaber war anderer Meinung und legte gegen diese Entscheidung beim Oberlandesgericht in Hamm Berufung ein. Damit hatte er Erfolg.
Aus der Entscheidung des OLG Hamm:
Dem Kläger gehöre – so der 5. Zivilsenat – die Uhr, weshalb er ihre Herausgabe verlangen könne. Er habe das Eigentum an ihr von dem Kölner Gebrauchtuhrenhändler erwerben können, weil dem Beklagten die Uhr nicht abhandengekommen sei. Dem stehe nämlich entgegen, dass der Beklagte die Uhr “Rachid“ zwar täuschungsbedingt, aber doch freiwillig übergeben und damit jeden Zugriff auf die Uhr verloren habe. Das Zurückbehalten der Garantiekarte führe nicht zu einer anderen Bewertung, weil sie ab dem Zweitverkauf keine Aussage über die Berechtigung an der Uhr treffe und es einen Markt für Uhren ohne zugehöriger Garantiekarte gebe.
Damit sei die Möglichkeit nicht zu widerlegen, dass schon der Gebrauchtuhrenhändler wirksam das Eigentum an der Uhr und der Kläger die Uhr somit von einem Berechtigten erworben habe. Selbst wenn man aber die Nichtberechtigung des Gebrauchtuhrenhändlers unterstelle, habe der Kläger zumindest gutgläubig das Eigentum erworben, weil er sich nicht grob fahrlässig verhalten habe.
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Quelle: PM OLG Hamm vom 31.1.2019
Az. 5 U 133/17 (Das Urteil ist rechtskräftig)