Die Schufa darf Daten eines Insolvenzschuldners nur bis sechs Monate nach der Restschuldbefreiung und der damit verbundenen Löschung im amtlichen „Insolvenzbekanntmachungsportal“ nutzen. Zu dieser Entscheidung kam der 17. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) in Schleswig.
Nach erfolgter Insolvenz wurde dem betroffenen Schuldner im September 2019 durch das Amtsgericht eine Restschuldbefreiung erteilt. Dieser Vorgang wurde danach im amtlichen Internetportal veröffentlicht. Die Schufa kopierte die Daten von dort in ihre Datenbank, um diese für Auskunftsanfragen zu nutzen.
Der inzwischen schuldenfreie Mann verlangte von der Schufa die Löschung seiner Daten, da deren Verbreitung für ihn erhebliche finanzielle Nachteile hätte. Eine uneingeschränkte Teilhabe am Wirtschaftsleben sei ihm nicht möglich, argumentierte der Mann. Er könne aufgrund des Eintrags kein Darlehen aufnehmen, keinen Mietkauf tätigen und keine Wohnung anmieten. Derzeit könne er nicht einmal ein Bankkonto eröffnen.
Die Schufa weigerte sich jedoch die Daten zu löschen. Das Unternehmen verwies darauf, dass es die Daten, entsprechend der Verhaltensregeln des Verbandes „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“, erst drei Jahre nach der Speicherung löschen würde. Diese Daten seien bonitätsrelevante Informationen und daher für die Vertragspartner der Schufa von berechtigtem Interesse. Das Landgericht in Kiel stimmte der Schufa zu und wies die Klage des ehemaligen Insolvenzschuldners ab. Dagegen legte der Mann Berufung beim OLG Schleswig ein und hatte damit Erfolg.
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Aus der Gerichtsentscheidung
Ein Insolvenzschuldner hat einen Löschungsanspruch gegen die Schufa Holding AG, wenn sie diese Daten aus dem Insolvenzbekanntmachungsportal ohne gesetzliche Grundlage länger speichert und verarbeitet als in der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet (InsoBekVO) vorgesehen.
Der Kläger kann von der Schufa die Löschung der Daten sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung des Amtsgerichts über die Restschuldbefreiung verlangen. Nach Ablauf dieser Frist steht die weitere Verarbeitung durch die Schufa im Widerspruch zu § 3 Abs. 2 InsoBekVO und ist daher nicht mehr rechtmäßig im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f) Datenschutz-Grundverordnung. Werden die Daten des Klägers unrechtmäßig verarbeitet, kann er die Löschung dieser Information nach Art. 17 Abs. 1 lit. d) Datenschutz-Grundverordnung von der Schufa verlangen und hat einen Anspruch auf künftige Unterlassung dieser Datenverarbeitung.
Die Schufa kann sich nicht darauf berufen, dass die Datenverarbeitung rechtmäßig sei, da sie ihren oder den berechtigten Interessen von Dritten diene. Ein Interesse kann nur dann berechtigt sein, wenn es nicht im Widerspruch zur Rechtsordnung oder den Grundsätzen von Treu und Glauben steht. Die Verarbeitung durch die Schufa steht aber nach Ablauf der gesetzlichen Löschungsfrist im Widerspruch zur gesetzlichen Wertung von § 3 Abs. 2 InsoBekVO, wonach die Information zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung nur sechs Monate im Internetportal zu veröffentlichen ist. Die Verarbeitung und Weitergabe dieser Information an eine breite Öffentlichkeit durch die Beklagte kommt einer Veröffentlichung im Internet gleich und ist daher nach Ablauf der gesetzlichen Löschungsfrist zu unterlassen.
Die Schufa kann sich nicht auf die Verhaltensregeln des Verbandes der Wirtschaftsauskunfteien berufen. Diese Verhaltensregeln entfalten keine Rechtswirkung zulasten des Klägers und stehen im Widerspruch zur gesetzlichen Wertung.
Urteil vom 2. 7. 2021, Az. 17 U 15/21
Eine Revision wurde zugelassen.
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pm olg schlewig v. 5.7.2021