Um 10.45 Uhr am Dienstag nach Ostern war es soweit. Der Landtag in Düsseldorf verabschiedete das neue Pandemiegesetz für Nordrhein-Westfalen. Es ist zwar nur ein Gesetz, aber es ist mehr als das. Es ist ein Zeichen für die Funktionsfähigkeit eines demokratisch gewählten Parlaments auch in Krisenzeiten.
Oppositionsführer Thomas Kutschaty (SPD) nannte den entscheidenden Punkt als er sagte: „Faktisch wurde dieses Gesetz vom Parlament geschrieben.“ Der ursprünglich von der Landesregierung eingebrachte Gesetzentwurf war auf heftige Kritik gestoßen und daraufhin von den Fraktionen nach zähen Verhandlungen in den Ausschüssen und einer sechsstündigen Expertenanhörung umgeschrieben worden.
Möglich gemacht hatte die rasche Änderung und Verabschiedung ein einsichtiger Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), der alle Parteiinteressen zurückstellte und auf die Kritiker zuging. Laschet versicherte: „Es wird in diesem Fall nur eine einvernehmliche Lösung geben.“
Express-Gesetzgebungsverfahren
In nur einer Woche erarbeiteten die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und den Grünen in Düsseldorf ein rechtskonformes und praktikables Gesetz für „Notlagen epidemischen Ausmaßes“.
Das Ergebnis: Es wird in Nordrhein-Westfalen keine „Notverordnungen“ geben. Die Kontrolle der Exekutive durch das Parlament ist sichergestellt und die, in einer Krisenlage nötigen, Sonderrechte werden befristet. Eine „Dienstverpflichtung“ von medizinischem Personal wird es nicht geben. Der NRW-Gesetzgeber setzt auf ein Freiwilligenregister und die bisherigen Erfahrungen in der Corona-Krise geben ihm dabei Recht.
Gesetz mit Vorbildfunktion
In der Expertenanhörung bezeichnete Staatsrechtler Dr. Ulrich Vosgerau die Corona-Krise als einen „medizinischen Notstand und keinen parlamentarischen Notstand“. Rechtsverordnungen und Rechtsanordnungen dürften nicht „außerhalb der Kontrolle des Landtages stattfinden“. Das jetzt verabschiedete Pandemiegesetz erfüllt diese Forderung.
Ein besonders Lob erhielt das Gesetzgebungsverfahren von Professor Dr. Hinnerk Wißmann aus Münster (Westfälische Wilhelms-Universität). Das aktuelle NRW-Gesetzgebungsverfahren sei ein parlamentarisches Vorbild für den Bund und die anderen Bundesländer, sagte der renommierte Rechtswissenschaftler bei der Anhörung in Düsseldorf.
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Möglich gemacht haben den Erfolg eine wachsame Opposition, kritische Experten und ein zum Handeln entschlossenes Parlament, welches sich nicht das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen wollte. Lediglich die AfD stimmte gegen das Gesetz und verhinderte mit einem in letzter Minute gestellten Antrag (für eine 3. Lesung an einem anderen Tag) die Verabschiedung des Gesetzes noch vor Ostern. Bei diesem Antrag drängte sich allerdings der Verdacht einer medialen Effekthascherei auf. Eine Taktik, die zumindest teilweise, von Erfolg gekrönt war.