Um zu klären, inwieweit private Videoaufzeichnung per Dashcam oder Smartphone vor Gericht als Beweis verwertbar sind, sprach ich mit dem Essener Rechtsanwalt und Verkehrsrechtler Wolfgang Kroheck.
Die Kölner „Geisterfahrer“ auf der A 1 wurden durch ein privates Handy-Video erwischt. Sonst wäre ihr Verhalten wohl unbekannt und damit ungesühnt geblieben. Ein Urteil des OLG Nürnberg läßt jetzt erstmals eine privat erstellte Dashcam-Aufnahme als Beweismittel zu. Die Nürnberger-Richter betonten aber, daß es sich um keinen generellen Freibrief für private Videoaufzeichnungen handeln würde. In diesem Fall seien die Bilder aus der „Dashcam“ die einzige Möglichkeit gewesen, den Unfallhergang aufzuklären. Über jeden einzelnen Fall müsse aber separat entschieden werden.
Herr Kroheck, offensichtlich ist es mit der Gesetzestreue, was die Straßenverkehrsordnung angeht, bei einigen Autofahrern nicht weit her. Könnten Dashcams der Gesetzestreue von Verkehrsrüpeln nicht ein wenig nachhelfen?
Zunächst ist zu unterscheiden zwischen der strafrechtlichen Verfolgung von Verkehrsrüpeln und der zivilrechtlichen Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen anlässlich eines Verkehrsunfalls. Für den letzteren Fall hat jetzt das OLG Nürnberg-Fürth die Auswertung von solchen Dashcam-Aufzeichnungen durch einen Sachverständigen für die Erstellung eines gerichtlich angeordneten Gutachtens erlaubt. Das wird aber sicher nicht zu einer vermehrten Gesetzestreue von Verkehrsrüpeln führen.
Was den Vorfall auf der A 1 bei Köln mit den „Geisterfahrern“ angeht, hier geht es um ein Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitsverfahren. Dort ist wegen der Möglichkeit des Freibeweises durch den Richter die Auswertung solcher Aufzeichnungen ohnehin schon erlaubt. Die Entscheidung wird meines Erachtens deswegen nicht zu einer Änderung des Fahrverhaltens der Kraftfahrer führen.
Wolfgang Kroheck ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Kroheck, Kroheck & Thomas in Essen. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Arbeitsrecht, Verkehrsrecht und Wettbewerbsrecht.
Sind die Handy-Aufnahmen von den Kölner Geisterfahrern gerichtsverwertbar?
Ja, denn die Ermittlungsbehörden und dann das Gericht können diese Aufnahmen als so genanntes Objekt richterlichen Augenscheins zur Ermittlung der Fahrer verwerten. Es besteht weder ein generelles Beweiserhebungs- noch ein Beweisverwertungsverbot.
Was ist mit dem Daten- und Persönlichkeitsschutz der Autofahrer die sich gesetzestreu verhalten und trotzdem aufgezeichnet werden und sie wissen nicht mal von wem?
Die gezielte Aufnahme von Personen ist nach wie vor unzulässig und führt zu einem gerichtlichen Beweiserhebungs- und -verwertungsverbot. Mit der Dashcam, oder auch dem Smartphone, wird aber eine „Verkehrssituation“ aufgenommen und keine Person. Es werden nur die Fahrzeuge, aber nicht die Insassen der Fahrzeuge abbildet und nur Vorgänge erfasst, die sich im öffentlichen Straßenverkehr ereignen, der absolute Kernbereich der persönlichen Lebensführung ist regelmäßig nicht betroffen.
Fördert eine großzügige Handhabung der Anerkennung von privaten Videoaufzeichnungen nicht das Denunziantentum?
Die Möglichkeit, Verkehrsverstöße anzuzeigen, besteht bereits jetzt. Zudem kann der Anzeigenerstatter als Zeuge vor Gericht zu seinen Wahrnehmungen vernommen werden. Insoweit wird es nach meinem Dafürhalten nicht zu einer Welle von Denunziationen und Missbrauch von solchen Aufzeichnungen kommen.
Ist der Gesetzgeber nicht gefordert bei zivilrechtlichen Schadensersatzfragen, wie in Nürnberg, für klare gesetzliche Verhältnisse zu sorgen, statt dem Richter die Entscheidung aufzubürden?
Die gesetzlichen Regelungen reichen meines Erachtens aus, es bedarf keiner Gesetzesänderung.
Herr Kroheck ich danke Ihnen für diese Klarstellungen zum Thema private Videoaufnahmen im Straßenverkehr.