Bei der Interessenabwägung zwischen einer bequemen Anlieferung einerseits und mehr Radfahrerschutz andererseits, hat sich das Verwaltungsgericht Berlin für den Weiterbau eines verkehrssicheren Radweges entschieden und damit dem Unfallschutz Priorität eingeräumt.
Der Inhaber einer Weinhandlung auf der Invalidenstrasse in Berlin-Mitte hatte gegen die Einrichtung eines Radfahrstreifens auf der Strasse vor seinem Geschäft einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht gestellt. Bisher gab es in der Nähe seiner Weinhandlung eine Lieferzone. Im Zuge des Umbaus soll diese Lieferzone wegfallen, ebenso wie dort befindliche Parkmöglichkeiten. Diese Flächen werden für die Einrichtung eines durch Poller abgegrenzten Radfahrstreifens benötigt.
Das sei nicht zu beanstanden entschied die 11. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts bei ihrer Eilentscheidung. Der Radfahrstreifen darf damit vorerst weitergebaut werden. Gegen diesen Eilbeschluß hat der Betroffene Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.
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Aus der Entscheidung des Gerichts:
Die Anordnung sei aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden. Die Straßenverkehrsordnung erlaube den Straßenverkehrsbehörden, die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs zu beschränken oder zu verbieten. Die gesetzlich geforderte Gefahrenlage sei hier gegeben und die besonderen Umstände machten die Maßnahme auch zwingend erforderlich.
Im betroffenen Abschnitt der Invalidenstraße sei die Fahrbahn einschließlich der hierauf verlaufenden Straßenbahnschienen lediglich 11,32 Meter breit. In der Vergangenheit sei es bei einer hohen KFZ-Belastung der Straße immer wieder zu Unfällen mit Radfahrerbeteiligung gekommen. Die Maßnahme sei geeignet, diese Gefahren zu reduzieren. Denn der Wegfall auch des ruhenden Verkehrs führe zu einer größeren Übersichtlichkeit und damit zugleich zur Reduzierung der besonders folgenschweren sog. „Türöffner-Unfälle“.
Die zeitgleiche Beseitigung („Abordnung“) der Ladezonen sei verhältnismäßig. Zwar werde der Lieferverkehr für die Weinhandlung des Antragstellers erschwert; angesichts der in den Seitenstraßen (vor allem in der Elisabethkirchstraße und der Ackerstraße) vorgesehenen Ladezonen sei es dem Antragsteller aber weiter möglich, Lieferungen entgegenzunehmen und somit sein Geschäft weiter zu betreiben. Die bloße Verschlechterung der Anliefersituation müsse er hinnehmen; ein Anspruch auf Beibehaltung optimaler Belieferungsmöglichkeiten bestehe nicht. Der Antragsteller könne schließlich nicht rügen, dass die Verlagerung des Lieferverkehrs in einen verkehrsberuhigten Straßenabschnitt zu erheblichen Gefahren für spielende Kinder und Fußgänger führen könne. Denn insoweit sei er nicht in eigenen Rechten betroffen; abgesehen davon sei ein Lieferverkehr auch in einem solchen Bereich mit geringer Geschwindigkeit möglich.
Beschluß vom 8.12.2020, Az.: VG 11 L 438/20
Gegen die Entscheidung ist eine Beschwerde beim OVG Berlin-Brandenburg möglich.
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Quelle: PM VG Berlin vom 9.12.20