„Von einem „Premiummineralwasser in Bio Qualität“ wird nicht nur erwartet, dass es deutlich reiner ist als herkömmliches Mineralwasser, sondern auch unbehandelt“, sagt das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main und definiert damit ein „Reinheitsgebot“ für Werbeaussagen beim Vertrieb von Mineralwasser.
Geklagt hatte ein Mitbewerber des Mineralwasservertreibers. Er war der Meinung, bei einem nachbehandelten Mineralwasser könne man nicht von „Premiummineralwasser in Bio-Qualität“ sprechen und das auch noch mit einem Qualitätssiegel bewerben. Insbesondere monierte der Kläger die Werbeaussage: „reines Naturprodukt, das im Vergleich zu vielen anderen Wasserarten nicht behandelt wird“.
Falsche Erwartungen
Die gesundheitsbewußten und ökologisch kritischen Verbraucher*innen sehen vor ihrem geistigen Auge bei dem Label „Bio-Mineralwasser“ eine sprudelnde Quelle mit klarem Mineralwasser vor sich. Niemand erwartet eine unspektakuläre Tiefenbohrung, aus der stark arsenhaltiges Mineralwasser an die Oberfläche gepumpt wird. Wasser, das einen so hohen Arsenanteil hat, dass es den Anforderungen der „Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTVO)“ nicht genügt.
Doch die Betreiber der Quelle wissen sich zu helfen. Sie leiten das geförderte „Rohwasser“ durch einen Mangansand-Filter. Dieser filtert den unerwünschten Arsenanteil heraus. Danach folgt noch eine mechanische Partikelfilterung und schon hat das Mineralwasser Bio-Qualität.
Das geht so nicht, sagten jetzt die Richter*innen des Frankfurter Oberlandesgerichts (OLG). Durch die „Nachbehandlung“ verliere das Wasser seine „Bio-Qualität“. Mit dem Urteil werden zahlreiche auf die “Bio-Qualität“ bezogene Werbeaussagen untersagt. An Webeaussagen wie „Bio-Qualität“ oder „Premium-Mineralwasser“ werden zukünftig strenge Maßstäbe angelegt.
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Aus der Entscheidung des Gerichts:
Die Beklagte zu 1) vertreibt in Deutschland ein Mineralwasser als „Premiummineralwasser in Bio-Qualität“ mit einem von der Beklagten zu 2) vergebenen Qualitätssiegel. Sie bewirbt es u.a. als „reines Naturprodukt, das im Vergleich zu vielen anderen Wasserarten nicht behandelt wird“. Das Wasser enthält bei Förderung aus der Quelle einen Arsengehalt, der nach der MTVO zu hoch ist. Zur Reduzierung des Arsengehalts wird das Rohwasser vor Abfüllung für etwa 10-30 Minuten durch einen manganhaltigen Sand geleitet. Anschließend findet noch eine mechanische Partikelfilterung statt. Die klagende Getränkeherstellerin hält u.a. wegen dieser Behandlung die auf die Bio-Thematik bezogenen Werbeaussagen und die Verwendung des Qualitätssiegels für wettbewerbswidrig. Das Landgericht hatte der Klage lediglich hinsichtlich eines Teils der Unterlassungsanträge gegenüber der Beklagten zu 1) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG ganz überwiegend Erfolg. Die auf die „Bio-Qualität“ des Mineralwassers bezogenen Werbeaussagen seien irreführend. Gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung erwarte der Verbraucher bei einem mit dem Zusatz „Bio“ bezeichneten Mineralwasser nicht nur, dass es deutlich reiner sei als herkömmliche Mineralwasser, sondern auch unbehandelt, da es von Natur aus bestimmte Reinheitserfordernisse erfülle.
Entgegen der durch die Werbung verursachten Verkehrserwartung handele es sich hier jedoch nicht um ein unbehandeltes natürliches Produkt. Das geförderte Rohwasser weise vielmehr einen nach der MTVO unzulässig hohen Arsenanteil auf, welcher die Durchleitung durch Mangansand erfordere. Ob es sich bei der Durchleitung um einen physikalischen oder – wohl naheliegender – chemischen Vorgang handele, könne offenbleiben. Jedenfalls gehe die Behandlung über das bloße Herausfiltern von gelösten Schwebeteilchen hinaus, so dass kein unbehandeltes Naturprodukt mehr vorliege. Sei die Bewerbung als Mineralwasser mit „Bio-Qualität“ irreführend, treffe dies auch auf das Siegel „Premiummineralwasser in Bio Qualität“ zu.
Az. 6 U 200/19 (Entscheidung noch nicht rechtskräftig)
Eine Revision ist mit Nichtzulassungsbeschwerde möglich.
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PM OLG Frankfurt/M. vom 4.5.2021