Beim Oktoberfest fließt das Bier in Strömen. Für die Mass Bier muß der Wiesnbesucher dieses Jahr 10,60 Euro bezahlen. Einer der immer mitfeiert, ist der Finanzminister. Von jeder Mass Bier nimmt er sich, finanziell gesehen, einen kräftigen Schluck.
Die Fraktion der Linkspartei hat im Juli dieses Jahres eine lesenswerte vierseitige Anfrage zum Thema Alkoholkonsum in Deutschland an die Bundesregierung gerichtet. Die Verfasser der Anfrage weisen auf den „Drogen- und Suchtbericht 2016“ des Drogenbeauftragten der Bundesregierung hin. Dort ist nachzulesen, das nach seiner Schätzung jährlich zwischen 42 000 und 74 000 Menschen durch übermäßigen Alkoholkonsum sterben.
Arbeitsgruppe bekämpft Alkoholkonsum
Deutschland hat das erklärte Gesundheitsziel, den Alkoholkonsum zu verringern. Eine Arbeitsgruppe, in der auch die Bundesregierung vertreten ist, entwickelt aus diesem Grund Empfehlungen für die Umsetzung dieses Ziels. Steuererhöhungen sind eine Option um den Alkoholkonsum zu reduzieren. Das sieht die Bundesregierung jedoch anders.
Steuereinnahme: über 3 Milliarden jährlich
Die Steuereinnahmen durch alkoholische Getränke liegen seit 2009 konstant über 3 Mrd. Euro jährlich. Diese gewaltige Summe setzt sich zusammen aus Branntweinsteuer, Alkopopsteuer, Schaumweinsteuer, einer Zwischenerzeugnissteuer und der Biersteuer. Eine Menge Geld für den Finanzminister, auf das er anscheinend nur ungern verzichten würde. In der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der Linkspartei heißt es dazu:
„Es ist davon auszugehen, dass – wie bei anderen Konsumgütern – auch bei alkoholischen Getränken ein Zusammenhang zwischen Preisen und Konsumverhalten besteht. Bei preissensiblen Verbrauchergruppen könnte eine Anhebung der Steuern auf Alkohol mit nachfolgendem Preisanstieg zumindest theoretisch zu einer Verringerung des Konsums beitragen.“ Logisch, weniger Alkoholkonsum führt zu weniger Steuereinnahmen.
Höhere Alkoholsteuer fördert Schmuggel
Aber für die Bundesregierung sprechen noch weitere Gründe gegen eine Erhöhung der Alkoholsteuern. In ihrer Antwort wird argumentiert: „Die Erfahrungen mit der 2004 eingeführten Alkopopsteuer zeigen, dass es bei einer selektiven Erhöhung von Alkoholsteuern zu Substitutionseffekten kommt und die Konsumentinnen und Konsumenten auf andere alkoholische Getränke oder Selbstmischen ausweichen. Daneben gilt es zu berücksichtigen, dass eine Erhöhung von Steuern auf alkoholische Getränke unerwünschte, gegenteilige Effekte bspw. auf das Ausmaß der illegalen Herstellung von Alkohol, des Alkoholschmuggels und des Kaufs von Alkoholika durch Privatpersonen in anderen EU-Mitgliedstaaten hervorrufen können.“ Auch diese Alternativen würden sich negativ auf die Steuereinnahmen auswirken. Dieser listige Verbraucher!
Der Kommentar
Ist die Verringerung des Alkoholkonsums nicht das „erklärte Gesundheitsziel“ der Bundesregierung? In der Antwort auf die Anfrage heißt es auch: „Die Bundesregierung nimmt die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch den Konsum von alkoholischen Getränken sehr ernst.“ Das ist nur schwer zu glauben. Wirkungsvoller als alle Appelle und Antialkohol-Werbeaktionen dürfte eine strenger kontrollierte Abgabe von Alkohol und eine spürbare Steuererhöhung auf alkoholische Produkte sein. Dass diese Maßnahmen greifen, haben die skandinavischen Länder bewiesen.
Es nützt wenig, wenn in der Antwort der Bundesregierung entschuldigend auf die ausführenden Behörden der Länder verwiesen wird. Ja sicher, diese haben eine gesetzliche Kontrollpflicht. Aber deren Personalstärke und die Anzahl der Alkohol-Verkaufsstellen passen einfach nicht zusammen.
Offensichtlich schlagen hier zwei Herzen in der Brust der Bundesregierung. Auf der einen Seite der Gesundheitsschutz der Bevölkerung und auf der anderen Seite wirtschaftlichen Interessen der Wirtschaft und die schönen Steuereinnahmen. Wie heißt es doch so schön: „Erst kommt das Saufen, dann die Moral!“
Lesetipp für Interessierte
Kleine Anfrage zur „Regulierung und Prävention bei Alkohol“ vom 11.7.2017
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/131/1813106.pdf
Antwort der Bundesregierung vom 31.07.2017
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/132/1813211.pdf