Indiens oberstes Gericht stärkt die Rechte islamischer Frauen. Bisher konnten sich deren Männer durch das dreimalige Aussprechen des Wortes „Talaq“ scheiden lassen. Das ist vorbei: sieben Frauen haben vor dem Obersten Gerichtshof in Neu Delhi gegen diesen Brauch geklagt und Recht bekommen.
Schluss machen per SMS ist auch in der westlichen Welt bei Beziehungskrisen eine gern praktizierte Lösung. Aber eine Ehescheidung mit den 160 Zeichen einer Kurzmitteilung ist bei uns undenkbar. Anders bisher in Indien. Dort konnten sich islamische Männer durch das unter Zeugen dreimalige Aussprechen des Wortes „Talaq“ mit sofortiger Wirkung von ihrer Ehefrau scheiden lassen. Das funktionierte auch per SMS, über WhatsApp, oder per Email. Diese für islamische Männer bequemen Zeiten sind jetzt vorbei.
Familienrecht aus der Kolonialzeit
Das indische Privatrecht unterliegt starken religiösen Einflüssen. Indien war lange Teil des britischen Empire. Die erfahrene Kolonialmacht räumte den unterschiedlichen religiösen Gruppen weitgehende Autonomie bei der Regelung ihrer familiären Angelegenheiten ein. Damit beeinflussen Koran und Scharia bis heute das Familienrecht in Indien. Dort ist festgelegt, dass einzig und allein der Mann das Recht hat die Ehe aufzulösen, ohne einen Scheidungsgrund anzugeben.
Verfassungsrecht kollidiert mit religiösem Brauch
Die indische Verfassung garantiert Frauen die gleichen Rechte wie Männern. Diese Gleichheit sehen die Klägerinnen durch diese Scheidungsform verletzt. Für Frauen bedeutet die bisherige Regelung, dass religiöse Rechte ihrer Männer über ihren eigenen, verfassungsmäßig garantierten, Grundrechten stehen. Jetzt hat Indiens Oberster Gerichtshof in Neu Delhi den Klägerinnen Recht gegeben und die Scheidung per dreifachem Talaq für verfassungswidrig erklärt.
Andere Islamische Staaten sind fortschrittlicher
In der islamischen Welt wird der dreifache Talaq kaum noch praktiziert. Über 20 muslimische Staaten haben diese Form der Scheidung verboten, darunter auch Pakistan und Bangladesh. Einer der Gründe dürfte sein, dass diese Form weder in der Sharia, noch im Koran erwähnt wird! Mitglieder des muslimischen Rechtsgremiums Indiens sehen die Sache anders und sprechen sich gegen eine Einmischung des Gerichts in religiöse Rechte aus.
Folgen des Urteils
Das Urteil hat Folgen. Die indische Verfassung wird durch das Urteil über einen traditionellen, religiös bestimmten Brauch gestellt. Das oberste Gericht fordert von der Regierung ein Gesetz zur Beendigung dieses bisherigen islamischen Scheidungsbrauchs. Damit ändert sich auch das islamische Privatrecht in Indien.