Es wird eng für Schwarzgeldbesitzer. Zeit also für eine Selbstanzeige, um zu retten, was noch zu retten ist. Was jetzt für reuige Steuersünder zu tun ist, darüber habe ich mit dem renommierten Fachanwalt für Steuerrecht und Dipl.Finanzwirt Dr. Peter Gussen aus Bochum gesprochen.
R.B.: Herr Dr. Gussen am 1.9. tritt das Abkommen zum Datenaustausch mit 51 Staaten in Kraft. Das Gesetz für mehr Transparenz bei Briefkastenfirmen ist schon in Kraft getreten. Es wird eng für Steuersünder. Ist es jetzt nicht der letzte Dampfer, um sein schlechtes Gewissen zu entdecken und eine Selbstanzeige zu machen?
Dr. Peter Gussen: Sobald das Abkommen in Kraft getreten ist, vergrößert sich das Risiko, entdeckt zu werden, sehr deutlich. Wer von in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte aus einem dieser 51 Staaten bisher nicht in seinen Steuererklärungen berücksichtigt hat, sollte unbedingt noch vor dem 1.9. fachlich kompetent prüfen lassen, ob noch eine Selbstanzeige möglich ist. Es ist besser, vor dem 1.9. eine sorgfältig vorbereitete Selbstanzeige zu platzieren, als ab Inkrafttreten des Gesetzes nach anderen Auswegen aus der Illegalität suchen zu müssen. Sowohl die Selbstanzeige als auch die Suche nach anderen Auswegen, die es aber nicht zwingend in jedem Fall geben kann, sind mit der Herstellung eines Maßanazugs vergleichbar, und bedürfen sorgfältigster Vorbereitung.
R.B.: Die Selbstanzeige wurde ja schon erschwert, rechnen Sie mittelfristig mit einer Streichung dieser Option, da die Finanzbehörden sowieso alle Steuersünder sowieso früher oder später finden?

Rechtsanwalt
Dr. Peter Gußen
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Dr. Peter Gussen: Nein, ich rechne nicht mit der Abschaffung der Selbstanzeige, weil sich nicht alle Steuersünder ausnahmslos über die bisher geltenden Überwachungsmechanismen finden lassen. Denken Sie an den Arbeitnehmer, der bei seinen Werbungskosten mogelt oder der Vermieter, der die Mieteinnahmen unvollständig angibt. Beide Steuersünder kann das Finanzamt nicht über einen internationalen Datenaustausch überführen. Für solche Steuerzahler wird die Selbstanzeige auch weiterhin ein Ausweg sein.
R.B.: Denken wir einmal über den schlimmsten Fall nach. Der Steuerhinterzieher wird erwischt und es kommt zum Prozess. Was können Sie als Strafverteidiger dann noch für ihn tun?
Dr. Peter Gussen: Als Verteidiger muss ich darauf achten, dass Steuerfahnder und Staatsanwaltschaft die gesetzlichen „Spielregeln“ einhalten. Viele Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse sind rechtwidrig und müssen angefochten werden. Beispielsweise dürfen Computer und Speichermedien nur im Ausnahmefall beschlagnahmt werden. Gleichwohl werden sie regelmäßig entgegen der „Spielregel“ beschlagnahmt. Auch das ist anzugreifen. Die Höhe der hinterzogenen Steuern wird in vielen Fällen zu Lasten des Beschuldigten falsch berechnet. Auch das ist aufzugreifen. In vielen Fällen leiden Anklageschriften unter so großen formalen Mängeln, dass auf ihrer Grundlage kein Hauptverfahren durchgeführt werden kann. Die unzulängliche Anklageschrift lässt sich dann als Instrument der Strafverteidigung einsetzen.
R.B.: Welcher Strafrahmen droht überführten Steuerhinterziehern?
Dr. Peter Gussen: Einfache Steuerhinterziehung kann mit Freiheitsstrafe bis fünf Jahre oder Geldstrafe geahndet werden. In besonders schweren Fällen ist der Strafrahmen auf zehn Jahre erweitert. Ein besonders schwerer Fall liegt z.B. vor, wenn mehr als 50.000 € mit einer Tat hinterzogen sind. Falls die Summe der durch mehrere Taten hinterzogenen Steuern 50.000 € übersteigt, löst das aber nicht zwangsläufig die Bestrafung wegen eines besonders schweren Falles aus.
R.B.: Die neuen Regeln für Zeugenaussagen vor der Polizei, die letzten Monat vom Bundestag verabschiedet wurden, gelten gleichermaßen auch für Steuerfahnder. Beide haben jetzt mehr Rechte bei der Befragung von Zeugen. Macht das Ihre Aufgabe als Verteidiger im Vorfeld des Steuerstrafverfahrens schwieriger?
Dr. Peter Gussen: Nein, denn das Steuerstrafverfahren wird typischerweise ebenso wie das Besteuerungsverfahren auf der Grundlage von Belegen, Aufzeichnungen des Steuerzahlers und Urkunden geführt. Zeugenaussagen spielen in diesen Verfahren eher eine untergeordnete Rolle. Wenn die Strafverfolger im Steuerstrafverfahren auf Zeugen zurückgreifen müssen, ist das ein Zeichen dafür, dass die Beweissituation schlecht ist.