Immer mehr Normalverdiener zahlen den Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Der Bund der Steuerzahler zweifelt an der Gerechtigkeit des deutschen Steuersystems.
Wer als Single ein zu versteuerndes Einkommen von 54.000 Euro im Jahr verdient, zahlt den Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Damit wird der Spitzensteuersatz bereits bei dem 1,3-fachen des Durchschnittseinkommens eines Vollzeiterwerbstätigen fällig. Die höchstmögliche Einkommensbesteuerung belastet also nicht nur die wirklichen Großverdiener, sondern auch zunehmend mittlere Einkommensbezieher.
Mittelstandsbauch als Gerechtigkeitslücke
Dieser sogenannte „Mittelstandsbauch“ bei der Einkommensbesteuerung ist nach Meinung des deutschen Steuerzahlerbundes eine absolute Gerechtigkeitslücke im deutschen Steuersystem. Hinzu kommt noch verschärfend, dass sich die steuerliche Belastung der Normalverdiener in den letzten Jahren zunehmend verschärft hat – von 25 Milliarden Euro (2010) auf 35 Milliarden Euro (2017), wie das Deutsche Steuerzahlerinstitut ermittelt hat.
Abgeordnete schüren Politikverdrossenheit
Angesichts dieser Situation stellt die soeben vom Bundestag beschlossene automatische Diätenerhöhung (gilt 4 Jahre) für den Bund der Steuerzahler das falsche Signal dar. BdSt-Präsident Holznagel dazu: „Wenn es um die steuerfinanzierte Bezahlung von Politikern geht, brauchen wir völlige Transparenz.“ Diese liegt nach seiner Meinung bei einer automatischen Diätenerhöhung nicht vor. Für den Chef des Steuerzahlerbundes ist die Sache klar: „Die Abgeordneten müssen sich darüber bewusst sein, dass so ein Gebaren die Politikverdrossenheit der Bürger schürt.“
Politiker-Diäten steigen für 4 Jahre automatisch
Der Diätenautomatismus wurde erstmals 2016 angewendet. Danach steigen die Diäten jedes Jahr automatisch. Der Anstieg richtet sich nach dem so genannten Nominallohnindex, der die Verdienstentwicklung der abhängig Beschäftigten widerspiegelt. Will ein neu gewählter Bundestag den Automatismus auch für die neue Wahlperiode beibehalten, so müssen die Abgeordneten laut Abgeordnetengesetz innerhalb der ersten drei Monate der neuen Wahlperiode – und damit lediglich alle vier Jahre – per einfachem Mehrheitsbeschluss den Automatismus bestätigen. Erfolgt dieser Beschluss nicht, wird der Diätenautomatismus vorerst außer Kraft gesetzt.
Union, SPD und FDP nutzen 3-Monats-Frist
Diese Drei-Monatsfrist nutzen Union, SPD und FDP jetzt, um die automatischen Diätenerhöhungen auch für die kommenden vier Jahre zu beschließen. Unter dem unscheinbaren Tagesordnungspunkt: „Anpassungsverfahren § 11 des Abgeordnetengesetzes“ wurde letzte Woche abgestimmt. Das Ergebnis: 504 Ja-Stimmen, 152 Nein-Stimmen und nur 8 Enthaltungen.