Ein halbes Jahr nach dem Start der bundesweit ersten Online-Plattform für Hinweise auf Steuerbetrug hat das baden-württembergische Finanzministerium eine erste Zwischenbilanz gezogen und die ist durchwachsen ausgefallen.
Während sich die Finanzpolitiker in Baden-Württemberg in ihrer Auffassung bestätigt sehen, verweisen Kritiker auf das magere Ergebnis, welches auch mit einfacheren Mitteln erreichbar gewesen wäre. „Steuerpflichtige konnten sich schon vorher jederzeit an ihr Finanzamt wenden“, sagte dazu CDU-Finanzexpertin Antje Tillmann.
Geringe Anzeigenqualität
Die Finanzpolitikerin bemängelt im Handelsblatt die gesunkene Qualität der Anzeigen seit Einführung des elektronischen Meldeverfahrens. Das hätte negative Folgen. Steuerfahnder müßten auch aussichtslosen Hinweisen nachgehen. „Ihre Arbeitskraft fehlt nun bei der Aufklärung von Steuerstraftaten“, kritisiert Tillmann.
Spaltung der Gesellschaft
Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Steuerbetrugsportals hat auch FDP-Finanzexperte Markus Herbrand. Nach seiner Meinung seien zwar einige Fälle durch das elektronische Meldeportal aufgedeckt worden, „aber den Nachbarn anzuschwärzen, weil das Finanzamt mutmaßlich nicht genau genug hinschaut“, hält Herbrand für „eine staatlich geförderte Gesellschaftsspaltung“.
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Der Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler, sieht dagegen die positive Seite. „Natürlich ist manche Anzeige nur Informationsschrott“, gibt er zu, aber das sei auf Papier auch nicht anders. „Die Trennung von Spreu und Weizen gehört zum Tagesgeschäft im Finanzamt“, so der Gewerkschafter, der davon ausgeht, dass bald auch andere Bundesländer eine derartige Plattform einrichten werden.
Aufgeschlossener Norden
Mit seiner Vermutung könnte Eigenthaler richtig liegen. So prüft Schleswig-Holstein bereits die Einrichtung einer vergleichbaren Meldeplattform. Dazu sagte Landesfinanzministerin Monika Heinold (Grüne) dem Handelsblatt auf Anfrage, das Portal sei ein „wichtiges Anliegen“. Und auch Bremen ist nicht abgeneigt. Ein Online-Portal soll, nach den Vorstellung der Finanzverwaltung in Bremen, auch anonymisierte Rückfragen erlauben, „um einen echten Mehrwert zu erzeugen“.
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Quelle: dts-Material