Der Obmann der CDU/CSU-Fraktion Finanzausschuss des Bundestags, Hans Michelbach (CSU), lehnt die von der Autoindustrie geforderte Kaufprämie für Neuwagen entschieden ab. Statt neuer Subventionen fordert er deren Abbau sowie eine Stärkung der Kaufkraft durch Steuersenkungen.
Für Michelbach ist das beste Konjunkturprogramm, dass man den Menschen mehr Freiheit gibt, indem man ihnen über eine Steuerentlastung mehr Geld zur Verfügung stellt. Dann werden die Leute selbst am besten wissen, was sie mit ihrem Mehr an Liquidität anfangen, so der CSU-Finanzpolitiker. In der Wochenzeitung „Das Parlament“ präzisierte er auf Nachfrage seine Meinung zu der von der Autoindustrie geforderten Abwrackprämie.
DP: Die Autoindustrie als eine für Deutschland besonders wichtige Branche will eine Abwrackprämie. Wie stehen Sie zu dieser Forderung?
Michelbach > Die Wiederbelebung unserer Volkswirtschaft werden wir nach meiner Ansicht nicht mit mehr Staatswirtschaft, sondern nur mit der bewährten Ordnungspolitik der Sozialen Marktwirtschaft erfolgreich gestalten können. Es lebt die Illusion, dass nach den guten öffentlichen Haushalten der vergangenen Jahre alle Wünsche nach konsumtiven Ausgaben erfüllt werden können. Der Anstieg der Staatsausgabenquote auf mehr als 50 Prozent ist für die nächsten Generationen besorgniserregend. Deshalb müssen wir auch die Subventionspolitik für einzelne Branchen intensiv prüfen. Manche Branchen haben sich so an staatliche Hilfen gewöhnt, dass sie einfach Dauersubventionen wünschen. Auch die diskutierte Kaufprämie für Neufahrzeuge sollte zunächst einmal auf die Zielgruppe hin geprüft werden. Wenn wir mehr als zehn Millionen Kurzarbeiter haben und auf drei Millionen Arbeitslose zulaufen, frage ich mich, wem überhaupt der Sinn nach Autoneukauf steht. Viele Leute haben ganz andere Sorgen. Deswegen heißt es hier auf Seiten des Parlaments Erfolgsaussichten und Effizient genau zu prüfen.
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DP: Das wird die Mitarbeiter der Autoindustrie nicht besonders freuen. Können Sie denen denn auch Hoffnung machen?
Michelbach > Wir müssen erst einmal sehen, inwieweit wir mit der wirtschaftlichen Entwicklung im dritten und vierten Quartal dieses Jahres vorankommen. Wir können aber eine Wiederbelebung der Volkswirtschaft am besten mit einer bewährten Ordnungspolitik der Sozialen Marktwirtschaft voranbringen. Ein konfuser Überbietungswettbewerb hinsichtlich staatlicher Versorgungsleistungen und Erfüllung ineffektiver Unterstützungsforderungen einzelner Branchen ist sehr schwierig. Warum Autos und nicht irgendeine andere Branche, die zur Unterstützung aufruft? Es gibt auf diesem Feld sehr schnell Forderungen, die nicht gerade als gerecht einzustufen sind.
DP: Was jetzt schon vom Staat zugesagt ist und was unvermeidlich noch kommen wird, das sind unvorstellbare Beträge. Können Sie sich vorstellen, wie das jemals wieder abgebaut werden kann?
Michelbach > Die Ausgaben des Staates zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise haben Ausmaße, die es für die künftigen Generationen sehr schwierig machen. Wir haben auf der Haben-Seite Spielräume durch die gute Wirtschaftsentwicklung der vergangenen Jahre und den Abbau der Verschuldung. Aber die sind nicht unbegrenzt, zumal es auch Forderungen für den gemeinsamen Binnenmarkt in Europa gibt. Deswegen müssen wir alle Ausgaben, alle Programme auf den Prüfstand stellen. Ich halte nichts von Ausgabenprogrammen, die Strohfeuer entfachen. Vielmehr sollte man zu einer generellen ordnungspolitischen Linie kommen, und die beste ist, dass man den Menschen mehr Freiheit gibt, indem man ihnen über eine Steuerentlastung mehr Geld zur Verfügung stellt. Dann werden die Leute selbst am besten wissen, was sie mit ihrem Mehr an Liquidität anfangen. Das ist, glaube ich, die beste Grundlage für die Wiederbelebung der Wirtschaft.
DP: Es gibt Meldungen, dass den Kommunen die Finanzen wegbrechen. Vor allem bei der Gewerbesteuer ist ein katastrophales Ergebnis zu erwarten. Sollten die Kommunen deshalb Hilfe vom Bund bekommen?
Michelbach > Bund, Länder und Kommunen sitzen ja bei Steuermehreinnahmen im gleichen Boot, und so ist es auch bei den Steuerrückgängen. Es ist natürlich verständlich, dass auch die Kommunalpolitik ihre Interessen formuliert. Aber man muss sehen, dass die weiteren Unterstützungsmöglichkeiten eine finanzielle Grenze haben. Wir müssen uns darauf konzentrieren, den Betrieben, den Steuerzahlern, den Verbrauchern Freiräume zu geben, um die Wiederbelebung der Wirtschaft zu erreichen. Darum ist es am besten, wenn man den Soli zum 1. Januar 2020 ganzheitlich rückwirkend abschafft und die Unternehmensbesteuerung modernisiert, um Liquidität zur Wiederbelebung der Wirtschaft zu erreichen. Davon profitieren dann auch die Kommunen.
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Auszug aus einem Interview der Wochenzeitung „Das Parlament vom 11.5.2020
Quelle: Pressereferat Deutscher Bundestag