Ein Anachronismus wird zu Grabe getragen. Den deutschen Majestäten folgte jetzt die Majestätsbeleidigung ins Reich der Geschichte. Der Bundestag hat per Gesetz die Strafvorschrift des § 103 StGB „Beleidigung von Organen oder Vertretern ausländischer Staaten“ auch bekannt als „Majestätsbeleidigung“ mit Wirkung zum 1.1.2018 aufgehoben.
Für den Schutz der Ehre von Organen und Vertretern ausländischer Staaten reichen nach Auffassung der Bundesregierung die Straftatbestände des 14. Abschnitts im StGB – Beleidigungsdelikte gem. §§ 185 ff. – aus. Auch die Bundeskanzlerin hatte sich für eine rasche Aufhebung des überflüssig gewordenen StGB-Paragrafen eingesetzt und erklärt, dass „die Bundesregierung der Auffassung ist, dass § 103 StGB als Strafnorm zum Schutz der persönlichen Ehre für die Zukunft entbehrlich ist.“ Die Vorstellung, dass Repräsentanten eines ausländischen Staates einen darüber hinausgehenden Schutz der Ehre benötigen, ist ihrer Meinung nach nicht mehr zeitgemäß.
Überbleibsel eines Untertanengeistes
Im Deutschen Reich konnte die Majestätsbeleidigung nach dem damals gültigen Strafgesetzbuch (Ausgabe 1871) mit lebenslangem Zuchthaus bestraft werden. In minder schweren Fällen gab es immer noch eine Zuchthaus- oder Festungsstrafe nicht unter fünf Jahren. Selbst eine einfache Beleidigung konnte schon zu einer Gefängnisstrafe von zwei Monaten bis zu fünf Jahren führen. Erst unter Kaiser Wilhelm II. wurde die Majestätsbeleidigung nicht mehr verfolgt.
Auch in der Bundesrepublik nützlich
Nach dem 2. Weltkrieg wurde im Jahr 1953 der Majestätsbeleidigungs-Paragraf in der neuen Bundesrepublik wieder reaktiviert und zu geltendem Recht erklärt. Die erste deutsche Bundesregierung machte reichlich Gebrauch von dieser Vorschrift und stellte während ihrer Amtszeit mehrere hundert Strafanträge wegen „politischer Beleidigung“.
Von Potentaten gerne genutzt
Aber nicht nur die damalige Bundesregierung war schnell beleidigt, auch ausländische Potentaten wußten diesen Paragrafen zu schätzen. Der damalige persische Schah Mohammad Reza Pahlavi fühlte sich mehrfach beleidigt und in jüngster Zeit auch der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan. Seine Klage wegen Beleidigung von Organen oder Vertretern ausländischer Staaten gegen den Satiriker Jan Böhmermann hatte allerdings juristisch keinen Erfolg. Die Klage wurde von der zuständigen Staatsanwaltschaft in Mainz Anfang Oktober 2016 eingestellt.
Beleidigung wird bürgerlich
Es handelte sich dabei wohl um die letzte Klage, die den § 103 StGB als Rechtsgrundlage nutzen wollte. Am 1.1.2018 ist endgültig Schluß mit der Majestätsbeleidigung und beleidigte ausländische Staatslenker müssen sich ganz bürgerlich mit den Beleidigungsdelikten im aktuellen deutschen Strafgesetzbuch zufrieden geben.