In Deutschland wurden in den vergangenen fünf Jahren über 250 Tatverdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen, weil Gerichte gegen das Beschleunigungsgebot für Haftsachen verstoßen haben. Das geht aus einer aktuellen Statistik des Deutschen Richterbundes (DRB) hervor.
„Die Justizstatistiken machen sehr deutlich, dass die Strafjustiz nach wie vor am Limit arbeitet“, sagte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn bei einem Gespräch mit der Funke-Mediengruppe. Für den Richterbund ist die Personaldecke der Strafjustiz, trotz Verbesserungen in den letzten Jahren durch die Bundesländer, immer noch zu dünn. Grund der Misere sind zunehmende Aufgaben der Justiz.
Staatsanwaltschaften völlig überlastet
Die Zahl der Verfahren, die „nach Ermessen“ eingestellt wurden, ist zwischen 2009 und 2019 um mehr als 200.000 Fälle gestiegen. Das bedeutet eine Zunahme von 20 Prozent, ausgehend von einer Gesamtzahl von 4,9 Millionen Fällen. Damit wurde jeder vierte 2019 zur Bearbeitung anstehende Fall von Staatsanwälten ohne Auflagen eingestellt. Betroffen sind Fälle, in denen die Staatsanwaltschaft zwar einen hinreichenden Tatverdacht sieht, das Verfahren gegen den Beschuldigten aber wegen Geringfügigkeit einstellt.
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Die durchschnittliche Dauer von Strafverfahren (erste Instanz/Landgericht) ist, laut Richterbund, im Zehn-Jahres-Vergleich auf einen Spitzenwert von acht Monaten gestiegen. Rechne man ab Eingang der Fälle bei der Staatsanwaltschaft, so würde sich die Dauer sogar auf über 20 Monate verlängern, klagt Bundesgeschäftsführer Rebehn und weist darauf hin, dass die Verfahrensdauer seit sechs Jahren kontinuierlich steigt. Er fordert eine bessere personelle Ausstattung, ansonsten würden sich die Probleme weiter verschärfen.
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Quelle: dts, rb