Darf man als Autofahrer (während der Fahrt) mit einem klassischen Taschenrechner rechnen? Mit dieser Frage mußte sich das Oberlandesgericht in Hamm auseinandersetzen. Nein, meinen die OLG-Richter und geben die Frage an den Bundesgerichtshof zur endgültigen Klarstellung weiter.
Handelt es sich bei einem Taschenrechner um ein elektronisches Gerät, dass wie ein Mobiltelefon der Information dient? Das meint jedenfalls der 4. Senat für Bußgeldsachen beim OLG Hamm. Damit sind die Richter aber anderer Meinung als ihre Kollegen im Oldenburg. Wenn aber zwei Gerichte eine unterschiedliche Auffassung vertreten, muss die übergeordnete Instanz eine abschließende Entscheidung treffen, um beim Bürger für Rechtssicherheit zu sorgen. Die höhere Instanz ist in diesem Fall der Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
Was war passiert? Ein Immobilienmakler aus dem Kreis Soest fuhr zu schnell. Statt der erlaubten 50 Stundenkilometer wurde er mit 63 km/h geblitzt. Auf dem Blitzer-Foto hielt er einen Taschenrechner während der Fahrt in der rechten Hand. Wie er angab, berechnete er damit die Provision für einen anstehenden Kundentermin.
Das Amtsgericht Lippstadt verurteilte den schnellen Immobilienmakler wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in Tateinheit mit der verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons zu einer Geldbuße von 147,50 Euro. Das Gericht war der Meinung, dass die vorliegende Nutzung eines Taschenrechners gegen das Benutzungsverbot nach § 23 Abs. 1a der Straßenverkehrsordnung (StVO) verstößt.
Das sah der Immobilienmakler anders und legte Rechtsbeschwerde beim OLG Hamm ein. Darin beruft er sich auf eine Entscheidung des OLG Oldenburg vom 25. Juni 2018. Danach würde ein Taschenrechner dem Benutzungsverbot nicht unterliegen.
Aus der Entscheidung des Gerichts:
Der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm teilt diese Auffassung nicht. Dass es sich bei einem elektronischen Taschenrechner um ein elektronisches Gerät handele, bedürfe keiner näheren Erläuterung. Dabei diene ein solcher Taschenrechner im Sinne von § 23 Abs. 1a Nr. 1 S. 1 StVO aber auch der Information oder sei hierzu bestimmt. Denn bei der Durchführung einer Rechenoperation mittels eines elektronischen Taschenrechners informiere sich der Nutzer über deren Ergebnis, etwa – wie vorliegend – welchen Betrag die Provision auf der Basis eines bestimmten Verkaufspreises und einer bestimmten prozentualen Maklercourtage ausmache. Daneben sei zu sehen, dass eine elektronischer Taschenrechner als Informationsgerät einen Ausschnitt dessen leiste, was auch ein in § 23 Abs. 1a S. 2 StVO ausdrücklich genanntes Mobiltelefon könne. Der von der Regelung des § 23 Abs. 1a S. 1 StVO verfolgte Zweck, den Gefahren zu begegnen, die von dem Aufnehmen des elektronischen Geräts und der nutzungsbedingten Ablenkung des Betroffenen vom Verkehrsgeschehen ausgehen würden, werde auch bei dem Verbot der Nutzung eines aufgenommenen elektronischen Taschenrechners erreicht.
Deshalb möchte der Senat das Urteil des Amtsgerichts Lippstadt im Ergebnis bestätigen und die Rechtsbeschwerde des Betroffenen verwerfen. Da aber das Oberlandesgericht Oldenburg an seiner Auffassung festhält, dass ein Taschenrechner nicht der Verbotsnorm des § 23 Abs. 1a StVO unterfällt, legt der Senat die Rechtsfrage dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vor.
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PM OLG Hamm vom 23. Oktober 2019
Az. III – 4 RBs 191/19, OLG Hamm