Augen auf bei der Berufswahl! Immer mehr Werktätige wollen oder müssen ihr Einkommen mit einem Zweitjob aufbessern. Dabei gibt es erhebliche Unterschiede je nach Branche.
Seit 2003 hat sich die Anzahl der Beschäftigten, die einer Nebentätigkeit nachgehen, mehr als verdoppelt. Das geht aus einer soeben erschienenen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) hervor. Dem Grund für diese Zunahme wollten die Verfasser der Studie, Prof. Dr. Enso Weber, Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ im IAB und seine wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dr. Sabine Klinger, auf den Grund gehen. Dabei stellten sie fest, daß Nebenbeschäftigungen in einigen Branchen häufiger vorkommen als in anderen. Insbesondere im Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft sehen die beiden Wiessenschaftler eine Hauptursache für die Zunahme von Nebentätigkeiten.
Dienstleistungsbranchen auf dem Vormarsch
In ihrem Hauptberuf arbeiten Nebenjobber häufig in den Bereichen: Allgemeine Dienstleistungen, Büro, Verwaltung, Verkehr, Gesundheitswesen, sowie in Sozial- und Erziehungsberufen. Nur ein Drittel der Beschäftigten übt ihre Nebentätigkeit im gleichen Beruf aus. Die Mehrheit sucht sich andere Tätigkeiten. Das unterste Lohnsegment bietet dabei, laut der IAB-Studie, die meisten Jobangebote.
Die Ursache allen Übels
Im Studienzeitraum gab es nur Lohnzuwächse bei hochqualifizierten Arbeitnehmern. Niedrigqualifizierte Beschäftigte hatten im Gegensatz dazu real immer weniger Geld in der Lohntüte. Ein Nebenjob soll diese Einkommenslücke dann häufig schließen. Die Studie weist außerdem darauf hin, daß in Deutschland für Geringverdiener die (Sozial-)Abgabenbelastung im internationalen Vergleich sehr hoch ist.
Zunehmende Teilzeitquote
Bei Beschäftigten mit einfachen Tätigkeiten ist zwischen 2003 und 2014 (dem Zeitraum der Studie) die Teilzeitquote über 8 Prozent angestiegen. Es bietet sich für die Betroffenen an, in der verbleibenden Arbeitszeit einen Zweitjob anzunehmen und auf diese Weise ihr Einkommen aufzubessern. Von dieser Möglichkeit machen inzwischen über 3 Millionen Arbeitnehmer Gebrauch.
Frauen sind bei Nebenjobbern mit 56,7 Prozent überdurchschnittlich oft vertreten. Nach den Ergebnissen der IAB-Studie ist bei Zweitbeschäftigungen der Minijob eine Frauendomäne.
Der Gesetzgeber ist nicht unschuldig
In Deutschland sind geringfügige Beschäftigungsverhältnisse von Steuern und Sozialabgaben für den Arbeitnehmer befreit. Diese Vergünstigung sehen die Verfasser der IAB-Studie kritisch. Ihrer Meinung nach leistet der Zweitjob für die berufliche Entwicklung und insbesondere die Alterssicherung der Multijobber keinen Beitrag.
IAB-Studie bietet Lösungsansätze
Die Verfasser der Studie möchten geringbezahlte Hauptbeschäftigungen durch eine Entlastung bei den Sozialabgaben stärken. Damit wäre die sozialversicherungspflichtige Hauptbeschäftigung auch bei geringem Brutto-Einkommen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber erheblich atraktiver. Das Motiv durch einen Zweitjob sein Einkommen aufzubessern würde durch diese Maßnahme an Bedeutung verlieren.
Im Endergebnis könnten auf diese Weise mehr geringfügige Hauptbeschäftigungen in sozialpflichtige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt werden.