Das Gesetz zu TV-Übertragungen von Urteilsverkündungen wirkt noch nicht. Nur die Urteilsverkündung des Bundesgerichtshofes (BGH) zur Zulässigkeit von Werbeblockern durfte bisher im Internet übertragen werden.
Obwohl seit diesem Monat mehr wichtige Urteilsverkündungen im Fernsehen, Internet oder Radio übertragen werden dürfen, ist bisher nur eine einzige Übertragung zugelassen worden, berichtet das „Handelsblatt“ nach einer Befragung der Bundesgerichte. Die Gerichte teilten auf Anfrage mit, es stünden keine Verfahren an, für die eine Übertragung vorgesehen ist.
Rechtsprechung verständlich erklären
Hintergrund ist das Gesetz über die Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren (EMöGG), dass Film- und Tonaufnahmen an Bundesgerichtshof (BGH), Bundesfinanzhof (BFH) sowie am Bundesverwaltungs-, Bundessozial- und Bundesarbeitsgericht gestattet.
BFH-Präsident Rudolf Mellinghoff sagt, es gehöre zu den Aufgaben des Bundesfinanzhofs, die Rechtsprechung allgemeinverständlich zu erklären. „Die Übertragung von Fernsehaufnahmen lehnen wir nicht ab“, so Mellinghoff gegenüber der Zeitung.
Steuergeheimnis blockiert Medienübertragungen
„Im Hinblick auf das Steuergeheimnis und die häufig sehr komplizierten steuerrechtlichen Fragestellungen dürfte die Übertragung einer Urteilsverkündung aber eher selten in Betracht kommen und sich auf spektakuläre, leicht verständliche Fälle beschränken,“ erklärt der BFH-Präsident.
Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Ingrid Schmidt, sagt dazu auf die Handelsblatt-Anfrage: „Für Vorsitzende ist es alltäglich, Urteile in Anwesenheit der Parteien und der Presse kurz, prägnant und medientauglich zu begründen. Ändern wird sich daran nichts, Medienübertragungen werden nicht zur Regel.“ Für Fernsehanstalten seien sie zu teuer und zu zeitaufwendig und anders als beim Bundesverfassungsgericht nicht planbar.
BGH-Präsidentin ist aufgeschlossen
„Gerichtsverfahren sind in der Bundesrepublik Deutschland seit jeher von größtmöglicher Transparenz und Öffentlichkeit geprägt“, sagt BGH-Präsidentin Bettina Limperg. Das neue Gesetz erweitere die Medienöffentlichkeit. Das Anliegen des Gesetzgebers „begrüße ich nachdrücklich“, so Limperg.
Ob eine Übertragung zugelassen wird, ist Ermessenssache der Gerichte. Seit 1964 bestand ein Verbot von Fernseh- und Rundfunkaufnahmen in Gerichtssälen. Schon seit 1998 ist es erlaubt, dass Urteilsverkündungen am BVerfG gefilmt werden.
Red. mit Material der dts-Nachrichtenagentur