Ein älteres Ehepaar soll 9.073,40 Euro nachzahlen. Der Grund: Ihr Stromverbrauch sein zehnmal höher als im Vorjahr gewesen. Jetzt hat der BGH ein verbraucherfreundliches Urteil gefällt.
Das Landgericht verurteilte die Eheleute zur Zahlung der geforderten Summe. Die Berufung der Stromkunden vor dem OLG Oldenburg führte zu einem anderen Ergebnis. Das Oberlandesgericht hob das Urteil auf und wies die Klage ab. Nach Ansicht der OLG-Richter sei es rätselhaft, wie es zu dem hohen Verbrauch gekommen ist.
Angesichts der im Haushalt vorhandenen Stromverbraucher und der Lebensweise des älteren Ehepaars vermuteten die Richter einen Fehler bei der Messung. Den Stromzähler hatte das Ehepaar im Juli 2015 ausbauen lassen und entsorgt, nachdem eine Prüfung durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle keine Mängel ergeben hatte.
Sie urteilten: „Die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StromGVV könne sich auch aus einer enormen und nicht plausibel erklärbaren Abweichung der Verbrauchswerte von denen vorangegangener oder nachfolgender Abrechnungsperioden ergeben.“
Der Energieversorger war anderer Meinung und ging zum Bundesgerichtshof. Doch der Weg war vergeblich. Das Urteil der höchsten Richter zum vorläufigen Zahlungsverweigerungsrecht des Haushaltskunden gegenüber dem Grundversorger (bei Berechnung von ungewöhnlich hohem Stromverbrauch) fiel verbraucherfreundlich aus.
Die BGH-Richter bestätigten das Urteil des OLG Oldenburg und legten noch nach. Die Beweislast liegt in so einem Fall ihrer Meinung nach nicht beim Kunden, sondern beim Energieversorger. Dieser muss den tatsächlichen Bezug der berechneten Menge beweisen.
Aus der Urteilsbegründung:
Der Kunde wird deshalb nach § 17 StromGVV im Regelfall mit seinen Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abrechnung (insbesondere Mess- und Ablesefehler) im Zahlungsprozess des Versorgers ausgeschlossen. Dadurch wird der Kunde aber nicht rechtlos gestellt. Denn die Darlegungs- und Beweislast des Versorgers für die Richtigkeit der Abrechnung ändert diese Regelung nicht. Vielmehr wird die Beweisaufnahme in den Fällen, in denen der Kunde nach § 17 StromGVV mit seinen Einwendungen ausgeschlossen ist, lediglich auf den Rückforderungsprozess des Kunden verlagert.
Sofern der Kunde allerdings (wie hier die Beklagten angesichts des abgelesenen angeblichen enormen Verbrauchs) bereits die „ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers“ aufzeigen kann, ist er mit seinem Einwand nicht auf einen späteren Rückforderungsprozess verwiesen. Vielmehr ist sein Einwand, die berechnete Strommenge nicht bezogen zu haben, schon im Rahmen der Zahlungsklage des Versorgers zu prüfen.
Das Energieversorgungsunternehmen muss dann nach allgemeinen Grundsätzen die Voraussetzungen seines Anspruchs, also auch den tatsächlichen Bezug der in Rechnung gestellten Energiemenge beweisen. Insoweit hatte die Klägerin in den Tatsacheninstanzen jedoch keinen tauglichen Beweis angetreten und den streitigen Zähler zudem entsorgt.
Urteil vom 7. Februar 2018 – Az.: VIII ZR 148/17
Quelle: PM BGH vom 07.02.2018