Der unabhängige Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium (BMF) hat eindringlich vor einer Übergewinnsteuer gewarnt. Er rät dringend davon ab. Die Sachverständigen berücksichtigten bei ihrer Beurteilung fünf wichtige Faktoren.
„Übergewinne in der Praxis abzugrenzen und auf dieser Grundlage besteuern zu wollen, führt zu willkürlichen Belastungen und Verzerrungen in der Produktionsstruktur, wodurch schädliche Verzerrungswirkungen drohen“, heißt es in der Handlungsempfehlung des Expertenrates. Wirtschaftliche Aktivitäten und die daraus resultierenden Erträge seien zudem grundsätzlich zufälligen Schwankungen ausgesetzt.
Gefahr sinkender Investitionen
„In diesem zufälligen Auf und Ab wird es unausweichlich Perioden geben, in denen ein `Übergewinn` entsteht, und Perioden mit `Untergewinn`. Würde der Staat in den Perioden des `Übergewinns` erwartbar argumentieren, dass dieser ungerechtfertigt sei und steuerlich abgeschöpft werden sollte, dann sänken Investitionsanreize und wohlfahrtssteigernde Aktivitäten unterblieben“, schreiben die Sachverständigen in ihrer Stellungnahme.
Übergewinnsteuer kontraproduktiv
Hinzu komme, dass rapide steigende Preise und die daraus erwachsenen Gewinnerwartungen Anreize böten, die Produktionskapazitäten gerade dort auszubauen, wo die Knappheiten besonders groß sind. „Solche Anpassungen sind aus volkswirtschaftlicher Sicht in hohem Maße wünschenswert, weil sie die knappen Ressourcen der Ökonomie in die Verwendungen lenken, in denen sie den höchsten Mehrwert erbringen.
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Eine Übergewinnsteuer, die alle Gewinne, die aus dem höheren Preis resultieren, wegbesteuert, würde genau diese Anreize zur sozial wünschenswerten Kapazitätsausweitung zunichtemachen“, kritisieren die Sachverständigen. Dieser Effekt werde noch durch die innovationsfeindliche Wirkung verstärkt. „Innovationswettläufe generieren typischerweise viele Verlierer und einige wenige Gewinner. Würden Gewinne der Innovationssieger ex post `wegbesteuert`, bestünde ex ante kein Anreiz mehr, sich an produktiven Innovationswettläufen zu beteiligen“, argumentieren die Experten.
Gerechtes Steuersystem
Das Vertrauen ins Steuersystem basiere auch auf dessen Regelgebundenheit. „Besteuert wird, wer ein positives Einkommen bzw. Gewinne erzielt. In welchen Sektoren, mit welchen Produkten und in welchen Phasen des Weltgeschehens Gewinne erzielt werden, spielt für die Höhe der Besteuerung keine Rolle. Eine ad hoc-Besteuerung einzelner Aktivitäten würde viel von diesem lange gewachsenen Vertrauen zerstören“, so der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium.
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Quelle: dts, bo