Das politische Gezerre zwischen CDU/CSU auf der einen Seite und der SPD auf der anderen Seite um das „Fairen Verbraucherverträge-Gesetz“ geht weiter. Nach dem Vorwurf einer Blockadehaltung aus dem Bundesjustizministerium (SPD-geführt) in Richtung Bundeswirtschaftsministerium (CDU-geführt) melden sich jetzt Verbraucherschützer und Juristen zu Wort.
Klaus Müller, Vorstand bei der Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV), forderte im Handelsblatt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dazu auf, die Gesetzespläne des Bundesjustizministeriums für faire Verbraucherverträge nicht weiter aufzuhalten. „Das Thema ist für Verbraucher zu wichtig, um es auf die lange Bank zu schieben“, sagte Müller der Zeitung.
Aus Sicht der Verbraucherschützer führt eine lange Vertragsbindung nicht automatisch zu günstigeren Preisen. Dagegen würden die Erfahrungen aus Ländern mit 6-monatigen Laufzeiten für Telekommunikationsverträge zeigen, dass dort die Preise gesunken seien. Für Müller ist klar: „Kürzere Laufzeiten erleichtern Verbrauchern den Anbieterwechsel und beleben den Wettbewerb“.
Anwaltsverein sieht Verbesserungsbedarf
In einer Stellungnahme halten die Experten des Deutschen Anwaltvereins (DAV) eine Verkürzung der Vertragslaufzeiten für „nicht zwingend verbraucherfreundlich“. Sie glauben, das könnte „tendenziell in einigen Bereichen zu Preiserhöhungen führen“. Den geplanten Schutz der Verbraucher vor unüberlegten telefonischen Vertragsabschlüssen begrüßt der Anwaltverein. Kritik üben die Praktiker aber an der juristischen Umsetzung im Referentenentwurf. Der Schutz der Verbraucher vor „untergeschobenen Verträgen“, im Rahmen von Tarif- und Lieferantenwechseln am Telefon, kommt ihnen zu kurz.
Die geplante Regelung, wonach sich die stillschweigende Vertragsverlängerung nicht mehr auf maximal ein Jahr erstrecken soll, hält der DAV zwar für denkbar, jedoch sei die geplante Frist von maximal drei Monaten zu „kleinteilig“. Das würde zu „zersplitterten Detailregelungen“ und Unübersichtlichkeit im Verbraucherschutzrecht führen.
Der DAV schlägt eine einfachere Lösung vor. Beispielsweise könne man dem Verbraucher die Möglichkeit einräumen, Verträge mit einer längeren Laufzeit jederzeit kurzfristig zu kündigen, wenn seine Vertragserklärung über eine längere Laufzeit (etwa: mindestens ein Jahr) nicht in Schrift- oder Textform vorliegt.
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Hintergrund: Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will gegen aufgedrängte Verträge und überlange Vertragslaufzeiten bei Mobilfunk-, Internet-, Energie- oder Sportstudioverträgen vorgehen – doch der Entwurf für ein „Faire-Verbraucherverträge-Gesetz“ hängt wegen Vorbehalten des Wirtschaftsministeriums seit Wochen in der regierungsinternen Ressortabstimmung fest.
Nach einer Verbraucherumfrage der Verbraucherzentrale Bundeszentrale (VSBV) gaben Ende 2019 immerhin 83 Prozent der Befragten an, dass Neuverträge bei Telefon- und Internetanbietern auf maximal 12 Monate oder weniger begrenzt werden sollten.
Die Verbände der Telekommunikationsbranche sind gegen eine Verkürzung der Laufzeit. Ein solcher Schritt würde nicht nur den „flächendeckenden Ausbau von hochleistungsfähigen Gigabit-Infrastrukturen und Mobilfunknetzen“ gefährden, sondern auch den Verbrauchern schaden.
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Quelle: dts, Beck-aktuell