Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß eine Mann-zu-Frau-Transsexuelle rechtlich nicht gleichzeitig Vater und Mutter eines Kindes sein kann. Die Transsexuelle kann für ein mit ihrem Samen gezeugtes Kind rechtlich nur Vater sein.
Seit 2012 ist die Klägerin eine anerkannte Mann-zu-Frau-Transsexuelle, die seit 2015 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt. Ihre Lebenspartnerin hatte mit dem konservierten Samen der Klägerin schon vor Schließung der Lebenspartnerschaft ein Kind gezeugt.
Das Standesamt hat die Geburt des Kindes so beurkundet, dass die Lebenspartnerin der Klägerin die Mutter ist. Eine Eintragung der transsexuellen Klägerin ebenfalls als Mutter lehnte das Standesamt ab. Gegen diese Entscheidung klagten die Beteiligten der Lebenspartnerschaft.
Das Amtsgericht solle das Standesamt anweisen, auch die Mann-zu-Frau-Transsexuelle als Mutter im Geburtenregister einzutragen. Das Amtsgericht wies den Antrag zurück und auch das nächsthöhere Gericht, das Kammergericht, war bei der Doppelmutter-Registereintragung uneinsichtig. So landete die Rechtsbeschwerde vor dem zuständigen XII. Zivilsenat des BGH. Dieser bestätigte jetzt mit seinem Urteil die Entscheidung des Kammergerichts.
Aus der Entscheidung des Gerichts:
Zwar richten sich die vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten ab Rechtskraft der Entscheidung, dass ein Transsexueller als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, gemäß § 10 Abs. 1 TSG nach dem neuen Geschlecht, wenn durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Nach § 11 Satz 1 TSG lässt eine solche Entscheidung das Rechtsverhältnis zwischen ihm und seinen Kindern allerdings unberührt. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Vorschrift des § 11 Satz 1 TSG auch für solche leiblichen Kinder eines Transsexuellen gilt, die erst nach der Entscheidung über die Änderung der elterlichen Geschlechtszugehörigkeit geboren worden sind. Durch die Regelung wird gewährleistet, dass der biologisch durch Geburt oder Zeugung festgelegte rechtliche Status als Mutter oder Vater des Kindes gesichert und einer Veränderung nicht zugänglich ist.
Rechtliche Mutter des Kindes ist abstammungsrechtlich dementsprechend nur die Frau, die das Kind geboren hat (§ 1591 BGB). Als dem Fortpflanzungsbeitrag der Mann-zu-Frau-Transsexuellen durch Samenspende entsprechende Form der Elternschaftsbeteiligung ist mithin nur die Begründung der Vaterschaft möglich (§ 1592 BGB). Die von ihr stattdessen ausdrücklich erklärte Mutterschaftsanerkennung konnte daher keine Wirksamkeit erlangen.
Es verstößt nicht gegen Grundrechte der transsexuellen Person, dass ihr das geltende Abstammungsrecht – ungeachtet des Umstands, dass sie nunmehr als dem anderen Geschlecht zugehörig gilt – den sich aus dem früheren Geschlecht und dem diesem entsprechenden spezifischen Fortpflanzungsbeitrag ergebenden rechtlichen Elternstatus zuweist. Das Transsexuellengesetz stellt daher sicher, dass den betroffenen Kindern trotz der rechtlichen Geschlechtsänderung eines Elternteils rechtlich immer ein Vater und eine Mutter zugewiesen werden, und steht im Einklang mit dem Grundgesetz.
Quelle: PM BGH vom 4.1.2018 / Az XII ZB 459/16