Der Vorsitzende des Bundes der Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller, hat den Rechtsanspruch auf ein Bleiberecht für abgelehnte Asylbewerber kritisiert.
Gegenüber der Welt sagt Seegmüller „Diese sogenannte Drei-plus-zwei-Regelung ist ein Systembruch“. Durch dieser Regelung können abgelehnte Asylbewerber einen Rechtsanspruch auf drei Jahre Duldung plus zwei Jahre Aufenthaltserlaubnis erhalten.
Migration: Asylgesetz oder Aufenthaltsgesetz ?
„Das deutsche Migrationsrecht unterscheidet grob gesagt zwischen der humanitären Migration, die vor allem im Asylgesetz geregelt ist und der übrigen Migration“, die im Aufenthaltsgesetz geregelt sei, erklärt Seegmüller. Paragraf 10 des Aufenthaltsgesetzes schreibe vor, „dass einem abgelehnten Asylbewerber vor seiner Ausreise kein Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt werden darf“. Die Vorschrift sei gleichsam die rechtliche „Brandmauer“ zwischen dem einen System und dem anderen.
Brandmauer ist beschädigt
„Die Drei-plus-zwei-Regelung reißt diese Brandmauer zum Teil ein und schafft damit Anreize für einen Missbrauch des Asylverfahrens zu sachfremden Zwecken“, sagt der Vorsitzende des Bundes der Verwaltungsrichter. Aber er hat auch Verständnis für die Politik. Man könne auf Dauer die Folgen des großen Vollzugsdefizits bei Abschiebungen nicht ausblenden. Seegmüller sagt dazu: „Mit der Situation dieser Menschen musste die Politik irgendwie umgehen. Da lag es nahe, jedenfalls diejenigen, die es schaffen, sich wirtschaftlich mit einer Ausbildung und der Aufnahme einer Erwerbsarbeit zu integrieren, einen Weg in die Aufenthaltstitel für Erwerbsmigration nach dem Aufenthaltsgesetz zu eröffnen.“ Insofern verstehe er die Gründe für die „Aufweichung“ der Trennung zwischen Asyl und regulärer Migration.
Seegmüller mahnt Politik zur Vorsicht
Gleichzeitig müsse man aber sehr vorsichtig sein, wie viel von der genannten Brandmauer man abreißt, mahnt Seegmüller. Nach seiner Meinung würde eine befristete Öffnung auch ausreichen. Der Bundesvorsitzende sagt dazu: „Das Ziel sollte schon weiterhin sein, die vom Gesetzgeber angeordneten Ausreisepflichten auch durchzusetzen.“
Nach Angaben des Bundes der Verwaltungsrichter sind gegenwärtig 330.000 Verfahren bei den Verwaltungsgerichten anhängig. Dabei handelt es sich um 220.000 Klagen gegen Asylentscheidungen und 110.000 sonstige Verfahren.
„Von diesen sonstigen Verfahren sind viele ausländerrechtliche Klagen, etwa weil ein endgültig abgelehnter Asylbewerber ein Bleiberecht nun im Ausländerrecht sucht“, sagt Seegmüller und weist auf die enorme Arbeitsbelastung der Gerichte hin. Selbst wenn die hypothetische Situation einträte, dass ab jetzt „kein Asylverfahren mehr hinzukäme, müssten wir grob geschätzt zwei Jahre weiterarbeiten, bis alle Asylklagen abgearbeitet wären“.
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RB, dts-Nachrichtenagentur