Die Eltern eines dreieinhalbjährigen Kindes begehen keine Aufsichtspflichtverletzung wenn ihr Kind, nachdem es ins Bett gebracht wurde, unbeobachtet wieder aufsteht und im Badezimmer einen Wasserschaden verursacht.
Zu diesem Schluss kam der für Streitigkeiten aus Versicherungsverträgen zuständige 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in einem bislang nicht veröffentlichten Beschluss vom 26.04.2018.
In dem zu entscheidenden Fall war der dreieinhalb Jahre alter Junge unbemerkt wieder aufgestanden und zur Toilette gegangen. Dabei benutzte er solche Mengen Toilettenpapier, dass der Abfluss verstopfte. Auf Grund der Beschaffenheit des Spülknopfes konnte sich dieser leicht verhaken, wenn er nicht in einer bestimmten Weise bedient wurde.
Wasserschaden von 15.000 Euro
Nach der Benutzung der Toilette durch das Kind lief ununterbrochen Wasser nach. Es verteilte sich über den Boden und tropfte schließlich aus der Decke der darunter liegenden Wohnung. Der verursachte Versicherungsschaden lag bei 15.000 Euro. Die Wohngebäudeversicherung wollte einen Teil der Summe von der Mutter bzw. ihre Haftpflichtversicherung ersetzt bekommen. Ihrer Ansicht nach habe die Mutter ihre elterliche Aufsichtsplicht verletzt.
Entscheidung des Gerichts:
Der Senat sah keine Aufsichtspflichtverletzung bei der Mutter. Das Maß der gebotenen Aufsicht sei hier erfüllt gewesen. In einer geschlossenen Wohnung müsse ein Dreijähriger nicht unter ständiger Beobachtung stehen. Ausreichend sei es, wenn sich der Aufsichtspflichtige in Hörweite aufhalte. Auch der – gegebenenfalls nächtliche – Gang zur Toilette müsse nicht unmittelbar beaufsichtigt werden. Absolute Sicherheit sei nicht gefordert. Eine lückenlose Überwachung sei insbesondere dann nicht erforderlich, wenn eine vernünftige Entwicklung des Kindes, insbesondere der Lernprozess im Umgang mit Gefahren gehemmt werden würde. So hatte der Bundesgerichtshof bereits in einem Urteil vom 24. März 2009 (VI ZR 199/08) entschieden.
Die Besonderheiten des nicht jederzeit ordnungsgemäß funktionierenden Spülknopfes führten hier zu keiner anderen Bewertung. Zwar sei das Schadensrisiko dadurch grundsätzlich erhöht gewesen. Dieses sei aber zu Gunsten des Lernprozesses des Kindes hinzunehmen, die heimische Toilette selbstverständlich und alltäglich zu nutzen. Üblicherweise führe das Verhaken des Spülknopfes auch zu keinem über den bloßen gesteigerten Wasserverbrauch hinausgehenden Risiko. Die Situation im Bad sei jedenfalls dadurch nicht derart gefährlich, dass die Eltern ihr Kind die Toilette niemals hätten alleine nutzen lassen dürfen bzw. nach jeder Nutzung der Toilette ihren Zustand hätten kontrollieren müssen. Eine solche Absicherung würde dem Entwicklungszustand des dreieinhalb Jahre alten Kindes nicht mehr gerecht werden.
Der Wohngebäudeversicherer nahm die Berufung nach dem Hinweis des 4. Zivilsenats des OLG Düsseldorf zurück. Bereits die Vorinstanz hatte die Klage des Wohngebäudeversicherers abgewiesen, da eine Aufsichtspflichtverletzung der Mutter nicht festgestellt worden sei.
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PM OLG Düsseldorf vom 24.07.2018
Az.: I-4 U 15/18