Parkplatznot ist häufig die Entschuldigung von Falschparkern. Vor dem Amtsgericht München ging es jetzt um einen Schaden, der beim Wegschieben eines Fahrzeugs aus einer zugeparkten Einfahrt entstanden war.
Als der Garagenbesitzer in seine Garage fahren wollte, versperrte ihm ein dort abgestellter VW-Sharan mit Anhänger die Zufahrt. Dumm nur, das es sich bei der Einfahrt um eine Feuerwehrzufahrt mit absolutem Halteverbot handelte. Der Anwohner hielt an und stieg aus seinem Fahrzeug aus, um den Fahrer des behindernden Fahrzeugs zu bitten, zur Seite zu fahren. Dabei stellte fest, dass der geparkte Wagen fahrerlos und unverschlossen war.
Der an der Einfahrt gehinderte Anwohner sprach zunächst mit der minderjährigen Tochter des Van-Fahrers, die im Auto saß. Die Siebenjährige konnte ihm aber nicht sagen, wann der Vater zurückkommen würde.
Um das Hindernis zu beseitigen, stellte der Mann bei dem VW-Sharan das Automatikgetriebe von P auf N und schob das Fahrzeug samt Anhänger nach vorne, um die Einfahrt frei zu machen. Dann zog er die Handbremse des Fahrzeugs wieder an. Der Zündschlüssel des Van‘s befand sich bei dieser Aktion nicht im Zündschloss.
Der Fahrer des Van-Gespanns erschien, als der Anwohner in den Hof gefahren war. Nach seiner Meinung war er nur etwa drei Minuten abwesend gesesen. Als er dann wegfuhr, bemerke er einen Schaden am Getriebe des Van‘s. Dieser Schaden sei durch das Schalten bei abgezogenem Zündschlüssel entstanden, argumentierte der Falschparker. Die Kosten für die Reparatur und den Mietwagen betrugen 1.332,94 Euro. Die wollte er von dem ungeduldigen Gargenbesitzer erstattet haben. Doch das Amtsgericht München wies seine Klage auf Schadensersatz ab. Für den Richter war der Schadensersatzanspruch unbegründet.
Begründung des Gerichts:
„In Betracht kommt als Anspruchsgrund nur eine Schadensersatzpflicht aus deliktischen Anspruchsgrundlagen. Diese setzen aber ein Verschulden voraus, also die Vorwerfbarkeit und damit die Widerrechtlichkeit des als schadensbegründend geltend gemachten Verhaltens. Schon hieran fehlt es. Das Verhalten des Beklagten war durch besitzrechtliche Selbsthilfe gedeckt und deswegen (…) nicht widerrechtlich:
Der Kläger störte den Beklagten durch die Verhinderung der Zufahrt in dessen Besitzrecht an seiner Garage und war deswegen (…) zur Beendigung der Störung verpflichtet. Diese Beseitigung durfte der Beklagte selbst vornehmen, und zwar mit Gewalt, § 865 BGB. (…) Zwar unterliegt auch das Selbsthilferecht Schranken des Übermaßverbotes, so dass bei geringfügigen Störungen nicht uneingeschränkt „Gewalt“ angewendet werden darf.(…) Dass das Verstellen des Schalthebels eines Automatikgetriebes, ohne dass der Zündschlüssel steckt, zu einer Beschädigung des Getriebes führt, ist (bei Wahrunterstellung dieser bestrittenen Behauptung) jedenfalls nicht so offensichtlich, dass sich dies jedermann aufdrängt. Das Verhalten des Beklagten wäre nur fahrlässig. Aufgrund der berechtigten Reaktion auf eine Besitzstörung verliert aber das Verhalten in diesem Umfang seine Vorwerfbarkeit. Der Beklagte durfte das fremde Auto öffnen, den Schalthebel auf Fahrt umschalten und das Auto wegschieben, da nicht für jeden offensichtlich war, dass das Auto dadurch beschädigt werden würde. (…) Entgegen der Auffassung der Klägerseite musste der Beklagte auch nicht abwarten. Nur wenn ersichtlich ist, dass die Störung sofort behoben wird, also der gestörte Besitzer mit der Beseitigung der Störung nicht schneller sein würde als der Störer, wäre ein „Abwarten“ zu fordern. Unstrittig ist, dass für den Beklagten nicht zu ersehen war, wann der Kläger zum Auto zurückkommen würde. Auch etwa eine sofortige Erreichbarkeit über eine Handynummer war nicht auf einem Zettel hinter der Windschutzscheibe sichtbar vermerkt.“
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PM AG München vom 18.1.2019
Az.: 132 C 2617/18
Das Urteil ist nach Rücknahme der Berufung seit 12.12.2018 rechtskräftig.
1 Kommentare
Also wenn man logisch denken kann, würde man schlussfolgern, dass allein die Tatsache, das die siebenjährige Tochter im Fahrzeug sitzt, zu der Annahme führen, dass der Fahrer binnen weniger Minuten wieder zu seinem Fahrzeug zurück kommt. Eher sehe ich es als grob fahrlässig an, einen fremden PKW samt Kind und Anhänger, ohne Schlüssel und somit mit Wegfahrsperre, einfach auf die Straße zu bewegen. Sicherlich wäre allein durch Hupen der Fahrer schon wieder eingetroffen. Dass es ihn Deutschland auch noch rechtens ist, des Anderen Gut sofort mit Gewalt beschädigen zu dürfen, wenn keine Gefahr im Verzug ist, ist traurig. Wenn dies erstmal publik wird, werden wir noch unglaubliche Dinge erleben müssen!
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