„Grund zur Beunruhigung ist durchaus gegeben“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), als er am Mittwoch (22.6.) die Abgeordneten des Ausschusses für Klimaschutz und Energie über die aktuelle Lage bei der Energieversorgung informierte.
Habeck verwies auf die stark gedrosselte Gaslieferung aus Russland. Inzwischen erreichen nur noch 40 Prozent der vereinbarten Liefermenge Deutschland. Für Habeck ist das ein politisches Manöver um die Preise in die Höhe zu treiben und die Einspeicherung von Gas für den Winter zu hintertreiben. Putin ginge es darum, den Druck auf die deutsche Wirtschaft und die Bevölkerung zu erhöhen, so der Wirtschaftsminister, der auch für den Klimaschutz zuständig ist.
Weniger Gas durch Wartungsarbeiten
Inzwischen seien die Speicher zu 60 Prozent gefüllt, berichtete Habeck. Doch die für den Winter angepeilte 90-Prozentmarke sei durch die russischen Lieferungskürzungen in Gefahr. Dazu käme noch ein weiteres Problem, das seien Wartungsarbeiten an der Gaspipeline „Nordstream-1“. Deshalb würde im Juli tagelang gar kein Gas nach Deutschland fließen. Die nicht gelieferten Mengen müssten eingespart, oder durch zugekauftes Gas ausgeglichen werden, so Habeck.
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Lieferungen aus Norwegen und Flüssiggas (LNG) aus EU-Nachbarstaaten sollen die Versorgungslücke schließen. Eine weitere „Gas-Einsparmöglichkeit“ sorgt an der grünen Basis für wenig Begeisterung. Um weniger Strom mithilfe von Gas zu produzieren, sollen für eine gewisse Übergangszeit Kohlekraftwerke länger als vorgesehen genutzt werden. Das dafür erforderliche Gesetz soll am Freitag (24.6.) im Bundestag und am 8. Juli im Bundesrat behandelt werden. Damit wird die Rechtsgrundlage für Notfallmaßnahmen im Bereich der Energieversorgung geschaffen.
Notfallplan in Vorbereitung
Wie die Welt aus „Kreisen der Energiewirtschaft“ erfahren hat, bereitet die Bundesregierung die Ausrufung der „Alarmstufe des nationalen Notfallplans Gas“ vor. Diese Alarmstufe soll schon in Kürze aktiviert werden. Das könnte Erdgas für alle Verbraucher erheblich verteuern. Laut Welt hat der zuständige Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Patrick Graichen, die Energiewirtschaft schon am Montag (20.6.) über den geplanten Schritt der Bundesregierung informiert. Die Versorger sollten „davon ausgehen“, dass die Ausrufung der Alarmstufe innerhalb von fünf bis zehn Tagen erfolgt. Das bestätigten mehrere voneinander unabhängige Quellen übereinstimmend. Eine Bestätigung von offizieller Seite gibt es bisher nicht.
Voraussetzung für die Ausrufung der Alarmstufe des Notfallplans ist eine „gravierende Reduzierung von Gasströmen“ oder der „längere technische Ausfall wichtiger Infrastrukturen“. Auch die „hohe Gefahr langfristiger Unterversorgung“ kann die Alarmstufe auslösen. Diese Voraussetzungen werden durch die aktuelle Versorgungslage wohl erfüllt.
Für Verbraucher wird es teuer
Bisher hatte das Ausrufen der Alarmstufe lediglich Folgen innerhalb der Energiewirtschaft. Doch mit der Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) Mitte Mai diesen Jahres erhielten Gasversorger „das Recht, ihre Gaspreise gegenüber ihren Kunden auf ein angemessenes Niveau anzupassen“, sobald die BNetzA die Alarmstufe per Pressemitteilung veröffentlicht. Versorger, die wegen des Ausfalls russischer Lieferungen gezwungen sind, ersatzweise teures Erdgas nachzukaufen, können die Mehrkosten (Paragraf 24 EnSiG) dann direkt an ihre Kunden weitergeben.
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Quelle: hib, dts