Im Berliner Bezirk Friedrichshain hat sich die Polizei am Donnerstag (17.6.) mit großem Aufwand Zutritt zu einem teilbesetzten Haus in der Rigaer Straße 94 verschafft. Das Haus gilt als Rückzugsort für Linksautonome. Schon am Vortag hatte es hier heftige Krawalle gegeben.
Mit Hilfe einer Kettensäge ermöglichten die Beamten dem Brandschutzbeauftragten den Zutritt. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte bestätigt, dass die Bewohner des Hauses verpflichtet sind, das Betreten des Gebäudes durch einen staatlich anerkannten Prüfingenieur für Brandschutz und die Berliner Bauaufsicht zu dulden.
Die Vorgeschichte
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg forderte die Eigentümer des Gebäudes bereits Ende letzten Jahres auf, eine sachverständige Brandschutzprüfung vorzunehmen. Dafür verlangten diese aber Polizeischutz wegen des zu erwartenden Widerstands. Außerdem sollte das Bezirksamt die Bewohner des Hauses dazu verpflichten, die Brandschutzprüfung zu dulden. Das angerufene Verwaltungsgericht verpflichtete die Behörde, beiden Forderungen nachzukommen. Diese hatte in der Zwischenzeit eine Brandschutzbegehung mit eigenen Sachbearbeitern durchgeführt.
Der gerichtlichen Anordnung kam das Bezirksamt mit einer sofort vollziehbaren Duldungsanordnung nach. Gegen diese Anordnung setzten sich die Bewohner des Gebäudes in der Rigaer Straße mit einem Eilantrag beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erfolglos zur Wehr. Sie vertraten die Auffassung, die Begehung sei, nach der Brandschutzprüfung durch den Bezirk, entbehrlich. Außerdem verwiesen sie darauf, dass sie selbst eine sachverständige Brandschutzprüfung veranlasst hätten. Jedenfalls sei keine Eilbedürftigkeit gegeben.
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Aus der Entscheidung des Gerichts
Die 13. Kammer hat den Eilantrag zurückgewiesen. Die gerichtliche Abwägungsentscheidung ergebe bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung, dass das Interesse der Bewohner, von der Brandschutzbegehung verschont zu bleiben, hinter dem öffentlichen Interesse auf sachverständige Brandschutzprüfung zurücktreten müsse. Der Antragsgegner habe die Duldungsanordnung zu Recht erlassen, um die im Rahmen von Polizeieinsätzen festgestellten Brandschutzmängel sachverständig näher prüfen zu lassen. Die wegen des damit verbundenen Betretens von Wohnungen erforderliche dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung liege aufgrund der Brandgefahren vor.
Entgegen der Annahme der Antragsteller habe sich der Prüfungsbedarf durch die erfolgten Begehungen des Bezirksamts nicht erübrigt. Es sei nicht glaubhaft gemacht, dass dessen Behördenmitarbeiter als Brandschutzsachverständige qualifiziert seien. Nichts anderes gelte für die von den Antragstellern in Auftrag gegebene brandschutztechnische Beurteilung. Diese beziehe sich nur auf den organisatorischen, nicht aber den baulichen Brandschutz.
Ermessensfehler weise die Duldungsanordnung nicht auf. Insbesondere sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass das Dulden zeitlich befristeten Betretens der Wohnungen für die Bewohner unzumutbar sei. Im Hinblick auf die derzeitige Ungewissheit über das Fortbestehen der polizeilich festgestellten Brandschutzmängel und der damit verbundenen Gefahren für Leib und Leben, aber auch das Eigentum bestehe für die Aufklärung auch eine besondere Eilbedürftigkeit.
OVG Berlin-Brandenburg
Beschluss v. 15.6.2021 (VG 13 L 203/21)
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Quelle: dts, PM OVG Berlin-Brandenburg v. 15.6.21