In Deutschland werden merkwürdige Therapien für viel Geld angeboten, die teilweise von den Krankenkassen, nicht zuletzt aus Marketing-Gesichtspunkten, erstattet werden. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will dem nun einen Riegel vorschieben und hat den homöopathischen Globuli den Kampf angesagt.
Allein im Jahr 2018 wurden in Deutschland etwa 670 Millionen Euro mit homöopathischen Arzneimitteln umgesetzt. Und das, obwohl ihre Wirksamkeit mehr als umstritten ist. Erhältlich sind sie in jeder Apotheke, und viele werben ausdrücklich damit. Auch die Mehrzahl der Krankenkassen erstattet heute Kosten für homöopathische Heilmethoden als sogenannte freiwillige“Satzungsleistung“, um damit Versicherte anzuwerben. Denn die ganzheitlichen Heilpraktiker und ihre Globuli scheinen immer mehr Patienten eine sanfte Alternative zur High-Tech-Medizin mit ihren chemisch-synthetischen Medikamenten, verschrieben von Ärzten, die (gefühlt) allzu oft ihre Patienten wie am Fließband abfertigen.
Gutes Gefühl statt wissenschaftliche Expertise
„Neben Laien – man braucht keine medizinische Vorbildung, um sich als Homöopath zu betätigen – und Heilpraktikern gibt es rund 60.000 Ärzte, die regelmäßig Globuli verordnen“, konstatiert der Wissenschaftsjournalist Jens Bergmann und verweist in seinem neuen Buch „Triumph der Unvernunft“auf die erfolgreiche Lobbyarbeit der Homöopathie-Industrie. So sei die Homöopathie im deutschen Sozialgesetzbuch als „besondere Therapierichtung“ privilegiert, sodass homöopathische Mittel im Gegensatz zu anderen Arzneien ihre medizinische Wirksamkeit nicht nachweisen müssen.
„Wer homöopathische Mittel dennoch haben möchte, soll sie auch bekommen, aber bitte nicht auf Kosten der Solidargemeinschaft“, fordert denn auch der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Andreas Gassen und kritisiert nachdrücklich die Finanzierung homöopathischer Leistungen durch die Krankenkassen. „Es gibt keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit homöopathischer Verfahren“, äußerte sich der Rheumatologe und Unfallchirurg unlängst gegenüber der Rheinischen Post und fordert die Kassen auf, ihre Finanzmittel lieber in die ambulante Versorgung zu leiten, „anstatt vor allem aus Marketingzwecken Beitragsgelder für Homöopathie auszugeben“.
Klarheit durch den Gesetzgeber
Nachdem Frankreich aufgrund einer Negativ-Expertise der Obersten Gesundheitsbehörde jetzt die Erstattung homöopathischer Therapien durch Krankenversicherungen generell verbieten will, fordern die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) nun auch für Deutschland eindeutige Regeln: „Wie in Frankreich ist der Gesetzgeber gefragt, endlich Klarheit zu schaffen“, sagte der Vorstands-Chef des AOK-Bundesverbandes Martin Litsch den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Damit es Klarheit gebe, müsse der Gesetzgeber „Homöopathie als zusätzliche Leistung der Krankenkassen explizit ausschließen“.
Ins gleiche Horn stößt auch der SPD-Gesundheitsexperte und -Fraktionsvize Karl Lauterbach mit seinem Hinweis, dass auch die freiwilligen Leistungen der Versicherer wirtschaftlich und medizinisch sinnvoll zu sein hätten: „Wir werden in der GroKo darüber reden.“ Doch dort ist derzeit noch kein Konsens in Sicht. „Wir führen keinen Kreuzzug gegen Heilpraktiker und Naturheilverfahren“, beruhigt die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion Karin Maag. Sie halte es stattdessen für richtig, die Entscheidungsfreiheit der Patienten zu wahren.
Mehr Prophylaxe statt Globuli & Co
Die Diskussion um das Aus für die Erstattung von Homöopathie hierzulande ist allerdings nicht allein dem französischen Vorstoß geschuldet, sondern vor allem der Tatsache, dass die gesetzlichen Krankenkassen hierzulande erstmals seit drei Jahren wieder ihre Finanzreserven anzapfen müssen, um die Behandlung ihrer Versicherten zu bezahlen. Denn die Zeit der Überschüsse scheint vorbei. So berichtet die FAZ unter Berufung auf eigene Recherchen, dass die Krankenkassen im ersten Quartal dieses Jahres ein Minus von 112 Millionen Euro verbuchen mussten, während sie für den gleichen Zeitraum des Vorjahres noch einen Überschuss von 416 Millionen genannt hätten. Und die finanziellen Aussichten der Gesetzlichen Krankenversicherungen dürften sich noch weiter verschlechtern, wenn die kostenintensiven neuen Gesetze wie das für mehr Pflegepersonal oder für die zügigere Vergabe von Arztterminen im weiteren Verlauf des Jahres ihre Wirkung entfalten werden.
Schon jetzt müssen gesetzlich Versicherte nicht unerhebliche Zuzahlungen für notwendige Untersuchungen und Behandlungen leisten und sogar ihre Brillen selber bezahlen. Auch für physio- und ergotherapeutische Maßnahmen sind durchweg mindestens zehn Prozent pro Verordnung zu zahlen. Da nimmt es nicht wunder, wenn der Vizepräsident der Landesärztekammer Mecklenburg-Vorpommerns Wilfried Schimanke die Bezahlung homöopathischer Behandlungen seitens der Krankenkassen ablehnt: „Das ist Verschwendung“, stellt er fest und würde das Geld lieber für Impfungen, prophylaktische Leistungen und neue, oft teure Therapiemodelle eingesetzt sehen.
Placebos für die Solidargemeinschaft?
Etwas moderater in der Bewertung homöopathischer Behandlungsmethoden zeigt sich da Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Auf einem Ärztekongress für Homöopathie in Stralsund versicherte sie den 600 angereisten Heilern aus ganz Deutschland, dass sie es für wichtig halte, darüber zu forschen, wie alternative Methoden wie die Homöopathie in der Praxis wirksam eingesetzt werden könne. Für die Regierung sei entscheidend, was dem Patienten helfe.
Da gibt es aber in Sachen Homöopathie, Globuli und Co schon jetzt und bisher nur eine wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis: Die Homöopathie geht davon aus, Krankheiten mit Nichts heilen zu können. Denn die aus purem Milchzucker bestehenden Globuli-Kügelchen der sogenannten Hochpotenzen setzen sich aus extrem verdünnten Substanzen zusammen, in denen keine Moleküle der angeblich wirksamen Ingredienzen nachweisbar sind. Und da Globoli deshalb keine Wirkungen haben können, sind auch keine Nebenwirkungen möglich. Und so verordnen nicht wenige Ärzte diagnose- und therapieresistenten Patienten, die unter diffusen Befindlichkeitsstörungen leiden, Globuli, die nicht schaden, aber aufgrund des Placebo-Effektes durchaus nutzen können.
Wenn Gesundheitsminister Jens Spahn die Homöopathen fortan auf Diät setzen will, sollte sein Focus nicht nur auf gewinnbringende Placebos ausgerichtet sein, sondern auch auf die selbstgestrickten und vor allem medizinisch gefährlichen Krebs- und Frischzellentherapien von von selbsternannten Heilern.
1 Kommentare
Sehr geehrter Herr Christen,
warum verbreiten Sie immer noch relotiusartige Falsch-Informationen, wo Sie es doch als gewissenhaft recherchierender Journalist besser wissen müßten?
STUDIENLAGE ZUR HOMÖOPATHIE
Aus INH (Skeptiker)-Webside entnommen:
https://www.homöopedia.eu/index.php/Artikel:Systematische_Reviews_zur_Hom%C3%B6opathie_-_%C3%9Cbersicht
Kleijnen (1991)
Derzeit sind die NACHWEISE aus klinischen Studien POSITIV,…
Linde (1997)
Das Ergebnis unserer Meta-Analyse liefert KEINE BESTÄTIGUNG für die HYPOTHESE, dass die klinischen Effekte der Homöopathie alleine auf einer PLACEBOWIRKUNG beruhten. …
Linde (1998)
Die Ergebnisse der vorliegenden randomisierten kontrollierten Studien deuten darauf hin, dass die Homöopathie eine ÜBER PLACEBO HINAUSGEHENDE WIRKUNG aufweist….
Cucherat (2000)
Es gibt ein paar wenige Nachweise dafür, dass homöopathische Therapien WIRKSAMER SIND ALS PLACEBO;…
Shang (2005)
… es zeigten sich SCHWACHE NACHWEISE für einen SPEZIFISCHEN EFFEKT HOMÖOPATHISCHER ARZNEIEN…
Mathie (2014)
Arzneien, die als Homöopathika individuell verordnet wurden, zeigen möglicherweise einen KLEINEN SPEZIFISCHEN EFFEKT….
NHMRC (2015)
Aufgrund der Untersuchung der Evidenz zur Wirksamkeit der Homöopathie kommt das NHMRC zu dem Schluss, dass es KEINE Krankheitsbilder gibt, für die es einen ZUVERLÄSSIGER NACHWEIS dafür gäbe, dass die Homöopathie bei der Behandlung von Gesundheitsproblemen wirkungsvoll wäre.[B 16]
[[DIESE STUDIE IST NACHWEISLICH ERST IN EINER ZWEITEN FASSUNG DURCH UNZULÄSSIGE STATISTISCHE METHODEN SO „MODIFIZIERT“ WORDEN, DASS DAS GEWÜNSCHTE ERGEBNIS ERZIELT WURDE]]
Mathie (2017)
Die Qualität der Nachweise als Ganzes ist gering. Eine Meta-Analyse aller ermittelbaren Daten führt zu einer ABLEHNUNG UNSERER NULLHYPOTHESE [dass das Ergebnis einer Behandlung mit nicht-individuell verordneten Homöopathika nicht von Placebo unterscheidbar ist – Ergänzung des Übersetzers],…
Mathie (2018)
Wegen der schlechten Qualität, der kleinen Anzahl und der Heterogenität der Studien ist anhand dieser Daten eine ENDGÜLTIGE SCHLUSSFOLGERUNG über die Vergleichbarkeit der Wirkung einer individualisierten homöopathischen Therapie AUSGESCHLOSSEN.[B 18]
GROSSSCHREIBUNGEN und [[ERGÄNZUNGEN]] durch mich (Dr. Hümmer)
In der Gesamtschau handelte es sich bei Ihrem Artikel also nur um die „Weitergabe“ von unseriösen Informationen und sie müssen sich definitiv den Vorwurf der bewußten oder uninformierten Desinformation gefallen lassen.
P.S. Kosten der Homöopathie im Vergleich zur Schulmedizin 0,03%
0,03% !!!!!
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