Das Amtsgericht München entschied: Der Ausbruch des Vulkans Turrialba im März 2015 berechtigte die Urlauber zur Stornierung ihrer Reise nach Costa Rica wegen höherer Gewalt. Der Reisepreis von 4.885,30 Euro sei vom Reiseveranstalter zu erstatten.
Die Urlauber aus Aschaffenburg buchten im Dezember 2014 eine zweiwöchige Reise nach Costa Rica. Der Hinflug sollte am 15.3.2015 erfolgen. Geplant war eine Mietwagenrundreise mit Aufenthalten in der Nähe des Vulkans Turrialba, in einem Nationalpark und in San José. Zwei Tage vor Beginn der Reise brach in Costa Rica der Vulkan Turrialba aus. Dieser liegt etwa 80 Kilometern von der Hauptstadt San José entfernt.
Die durch den Vulkanausbruch entstandene Aschewolke breitete sich bis San José aus. Daraufhin wurde dort der Flugverkehr für einige Stunden eingestellt. Die Menschen in der Hauptstadt wurden aufgefordert ihre Augen vor der Asche zu schützen. Aufgrund des Ausbruchs wurde auch die Zufahrt zu dem Nationalpark, den die Urlauber besuchen wollten, gesperrt. Die Dörfer im Umkreis von zwei Kilometern um den Vulkan wurden evakuiert.
In Deutschland warnte das Auswärtige Amt Reisende mit Ziel Costa Rica, dass die Asche zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, wie Augenreitzungen oder Atembeschwerden, führen könne. Die Behörde riet dazu, im Freien eine Atemmaske zu tragen.
Aufgrund dieser Warnungen kündigten die Urlauber am 14.3.2015, einen Tag vor dem Abflug, die gebuchte Reise. Sie erhielten daraufhin nur einen Teilbetrag von 834,72 Euro vom Reisepreis erstattet.
Als Grund für den Reiserücktritt gaben die Aschaffenburger an, die Frau hätte soeben erste eine Bronchialerkrankung auskuriert. Außerdem müsse man auch mit weiteren Ausbrüchen rechnen, die einen Besuch des Nationalparks verhindern würden. Der sei ihnen besonders wichtig gewesen, neben Naturerlebnis und Landschaft.
Der Münchener Reiseveranstalter war anderer Auffassung. Nach seiner Meinung hätte die Reise vollständig durchgeführt werden können. Der Vulkanausbruch habe nur eine eng umgrenzte Region betroffen, der die Urlauber mit dem Mietwagen hätten ausweichen können. Eine Kündigung wegen höherer Gewalt scheide aus, da keine unvorhersehbare Gefährdung vorliegen würde.
Der Reiseveranstalter argumentierte: In Regionen wie Costa Rica mit insgesamt 10 Vulkanen und davon 4 aktiven Vulkanen müsse stets mit einem Ausbruch gerechnet werden. Die zuständige Richterin des Amtsgerichts München teilte diese Auffassung aber nicht.
Aus der Entscheidung des Gerichts:
„Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei dem Vulkanausbruch des Vulkans Turrialba auf Costa Rica um einen Fall von unvorhersehbarer höherer Gewalt. (…) allein die Kenntnis, dass es zu häufigeren kleinen Ausbrüchen kommt und dies sich auch in naher Vergangenheit so ereignete, führt nicht zu einer Vorhersehbarkeit des streitgegenständlichen Vulkanausbruchs vorliegenden Ausmaßes und konkreter Begleitumstände. (…) Und auch gerade hinsichtlich des Ausbruchs des Turrialbas am 29.10.2014 konnte keine gesteigerte Ausbruchswahrscheinlichkeit für die Folgemonate festgestellt werden, da dieser auch Perioden über Monate und Jahre zeigte ohne Ausbruch. (…) Nach Ansicht des Gerichts genügen die von der Klagepartei vorgelegten Medienberichte aus, um zum Zeitpunkt der Kündigung von einer Gefährdung der Reisenden bei Antritt der Reise ausgehen zu können. Es ist in diesem Zusammenhang einem Reisenden nicht zumutbar die Informationsquellen der Medienberichte zu erforschen und hieraus abzuleiten, ob es sich um Übertreibungen und Dramatisierungen handelt oder ob die tatsächlichen Gegebenheiten wahrheitsgetreu wiedergegeben werden. Zum anderen muss vorliegend auch beachtet werden, dass die Reisenden auch Kontakt mit einem in Costa Rica lebenden Bekannten aufnahmen, der ebenfalls die Zustände bestätigte. Gemäß den Ausführungen des Sachverständigen ereignete sich der Auswurf von größeren Gesteinsfragmenten nur in unmittelbare Umgebung des Vulkans, die ausgestoßene Vulkanasche wurde hingegen von den vorherrschenden Winden verdriftet. Vulkanasche hat grundsätzlich mehrere unmittelbare negative Auswirkungen. Die Sichtverhältnisse werden beeinträchtigt, durch die Asche auf dem Asphalt ergeben sich schwierige Straßenverhältnisse, es können Gesundheitsprobleme durch das Einatmen feiner vulkanischer Asche sowie vulkanischer Gase sowie Augenreizungen eintreten und Flughäfen können aufgrund der Konzentration der Vulkanasche in der Atmosphäre gesperrt werden.“
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Quelle: PM AG München von 25.1.2019
Az.: 133 C 21869/15
Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung am 30.10.2018 rechtskräftig