„Bei der Bemessung einer Geldbuße darf von dem im Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelfall nur abgewichen werden, wenn der betreffende Einzelfall deutlich vom Normalfall abweicht“, entschied der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main.
Nicht ausreichend sei der pauschale Verweis, dass der Betroffene bei seinem Rotlichtverstoß einen „SUV“ fuhr, so das Gericht. Das Amtsgericht hatte den Betroffenen wegen eines Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße von 350 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt. Dabei hatte es die vom Bußgeldkatalog neben dem Fahrverbot vorgesehene Regelbuße von 200 Euro auf 350 Euro erhöht.
Zur Begründung hatte das Amtsgericht auf die vorhandene Vorbelastung sowie die „größere abstrakte Gefährdung durch das geführte Kraftfahrzeug“ verwiesen. Die kastenförmige Bauweise und erhöhte Frontpartie erhöhten „bei einem SUV das Verletzungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer“. Die Rechtsbeschwerde des SUV-Fahrers gegen diese Entscheidung beim Oberlandesgericht in Frankfurt/Main war erfolglos.
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Aus der Entscheidung des Gerichts
Nach den Ausführungen des 3. Strafsenats rechtfertigt allerdings die vom Amtsgericht vorgenommene Argumentation keine Erhöhung der Regelbuße. Der Bußgeldkatalog diene der gleichmäßigen Behandlung sehr häufig vorkommender, wesentlich gleich gelagerter Sachverhalte, betonte das OLG. Er solle eine Schematisierung herbeiführen, so dass grundsätzlich „besondere Umstände des Einzelfalls zurücktreten“. Nur ein deutliches Abweichen vom Normalfall rechtfertige deshalb eine Abweichung vom Bußgeldkatalog. Die Feststellung solcher außergewöhnlicher Umstände bedürfe einer „über die Benennung eines diffusen Fahrzeugtyps oder Modells hinausgehender Betrachtung des Einzelfalls“. Die vom Amtsgericht erwähnte „größere“ abstrakte Gefährdung bzw. „erhöhte“ Verletzungsgefahr erfülle nicht die Anforderungen an derartigen Feststellungen. Es fehle an der erforderlichen Einzelfallbetrachtung, soweit sich die Zumessungserwägungen auf einen „noch nicht einmal trennscharf bestimmbaren – Fahrzeugtyp“ ohne nähere Definition beschränkten. Jedenfalls wären „die wesentlichen gefährdungsrelevanten Charakteristika“ zu ergründen gewesen. Da die Gruppe der „SUV“ sehr heterogen sei, erscheine zudem ein Schluss von der Gruppenzugehörigkeit auf gefahrrelevante Umstände nicht möglich. Schließlich sei die vom Amtsgericht angenommene erhöhte Verletzungsgefahr nicht allgemeinkundig, sondern Gegenstand von Untersuchungen mit diametralen Ergebnissen.
Die verhängte Geldbuße sei aber im Ergebnis wegen der gravierenden Vorbelastung des Betroffenen gerechtfertigt. Die Regelbuße beziehe sich auf einen nicht vorgeahndeten Betroffenen. Vorliegend habe der Betroffene 13 Monate vor der hier zu beurteilenden Ahndung bereits einen Rotlichtverstoß begangen. „Diese Vorahndung führt in der Gesamtschau des vorliegenden Einzelfalls dazu, dass ein deutliches Abweichen von dem im Katalog geregelten Normalfall festzustellen ist“, betont das OLG.
Beschluss v. 29.9.22, Az. 3 Ss-OWi 1048/22
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
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Quelle: OLG Frankfurt/Main