Das Bundesjustizministerium (BMDV) will Unfallflucht ohne Personenschaden künftig nicht mehr als Straftat behandeln. Wer bei einem Autounfall lediglich einen Sachschaden anrichtet und flüchtet, soll nur noch eine Ordnungswidrigkeit begehen.
„Durch die Herabstufung der Unfallflucht nach reinen Sachschäden zur Ordnungswidrigkeit würde einer undifferenzierten Kriminalisierung des Unfallverursachers entgegengewirkt“, heißt es dazu in einem Eckpunktepapier des Ministeriums von Verkehrsminister Marco Buschmann (FDP), das dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vorliegt. Dieser hat die Fachverbände um eine Stellungnahme zu dem Papier gebeten.
Verletzte als Maßstab
Bisher werden Unfallbeteiligte, die sich unerlaubt von einem Unfallort entfernen, mit bis zu drei Jahren Haft oder einer Geldstrafe bestraft. Das soll nach den Plänen des Justizministeriums künftig nur noch bei Unfällen mit Personenschaden gelten. Sobald es körperlich Geschädigte gebe, sei es stets erforderlich, „am Unfallort zu verbleiben und sich als Unfallbeteiligter zu erkennen zu geben“, heißt es dazu in dem Ministeriums-Papier.
Anzeige
Sachverständigenbeweis im Verkehrs- u. Strafrecht
Bei Unfallflucht eine wichtige Entscheidungshilfe
Erfahren Sie mehr >> juristische-fachbuchhandlung
Das gelte „trotz der mit der Selbstanzeige des Unfalls verbundenen Selbstbezichtigung einer ggf. mitverwirklichten Begleittat“ – etwa einer Trunkenheitsfahrt. „Vor diesem Hintergrund gibt es umgekehrt aber gute Argumente dafür, von einer Strafbewehrung der unterlassenen Selbstanzeige des Unfalls bei reinen Sachschäden abzusehen“, heißt es in dem Eckpunktepapier weiter. Paragraf 142 des Strafgesetzbuchs, in dem die Unfallflucht geregelt ist, durchbreche nämlich das Prinzip der „Straflosigkeit der Selbstbegünstigung“.
Online-Schadensmeldung
Bislang gilt, dass Unfallbeteiligte eine „angemessene Zeit“ am Unfallort warten müssen. Als Alternative dazu bringt das Bundesjustizministerium die Einrichtung einer Meldepflicht und Meldestelle ins Spiel. „Denkbar wäre etwa eine Meldung über eine standardisierte Online-Maske, gegebenenfalls auch mit hochzuladenden Bildern vom Unfallort und Schaden, oder eine, am geschädigten Fahrzeug zu fixierende, Schadensmeldung, bei deren ordnungsgemäßer Vornahme keine tatbestandsmäßige Handlung vorläge“, heißt es in dem Papier des Verkehrsministeriums.
Polizeigewerkschaft protestiert
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert den Vorstoß von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), die Verkehrsunfallflucht zu entkriminalisieren. „Die Staatsanwaltschaften werden entlastet, dafür bekommen aber die Bußgeldstellen mehr zu tun“, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Michael Mertens dazu der Funke-Mediengruppe aus Essen. Ob es für die Polizei eine echte Entlastung bedeutet, wollte er nicht sagen: „Ich kann nicht erkennen, ob es für die Polizei wirklich eine Entlastung durch schlankere Vorgänge gibt“, so der erfahrene Praktiker.
Risiko für Geschädigte
Die GdP sei aktuell in Gesprächen mit Verkehrsexperten. „Das Rechtsgut Eigentum wird durch diesen Vorschlag aus dem Bundesjustizministerium nicht mehr ausreichend geschützt und die unschuldig Geschädigten bleiben womöglich auf dem Sachschaden sitzen, der sich häufig auf mehrere tausend Euro beläuft“, so der Gewerkschaftsvertreter. In der öffentlichen Debatte entstehe der Eindruck, dass Fahrerflucht nicht „schlimm ist, wenn sie nur als Ordnungswidrigkeit behandelt wird“, sagt Mertens. Für ihn un seine Kollegen sei das ein „fatales Zeichen“.
.
Quelle: dts-Material