Zukünftig soll an jedem zweiten Donnerstag im September ein bundesweiter Warntag stattfinden. So wurde es während einer Innenminsterkonferenz beschlossen. Ob dabei Alkohol im Spiel war, ist nicht bekannt.
Die Innenpolitiker aus unterschiedlichen Parteien wollen durch diese Maßnahme „die Akzeptanz und das Wissen um die Warnung der Bevölkerung in Notlagen erhöhen“ und zusätzlich „die Selbstschutzfertigkeiten der Bürger“ stärken. Um dieses Ziel zu erreichen, nutzte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, kurz BBK, „alle verfügbaren Kommunikationskanäle“.
Das erinnert stark an die Atombomben-Furcht der fünfziger und sechziger Jahre, als es so praxisnahe Tipps von Behördenseite gab, man solle sich unter den Tisch hocken, oder zumindest hinlegen und den Kopf bedecken. Stellt sich die Frage: Droht Deutschland doch noch ein russischer Angriff. Wohl kaum! Heute geht die Gefahr realistischerweise eher von maroden Atomkraftwerken jenseits der Grenzen aus. Wird hier für den Ernstfall geübt?
Alarm mit Verspätung
Dass von Deutschland definitiv keine militärische Gefahr jedweder Art mehr ausgeht (ausgenommen natürlich Waffenlieferungen), beweist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Die Behörde schaffte es einfach nicht, pünktlich (rechtzeitig!) vor einer Gefahr zu warnen. Im Ernstfall wäre die Warnung zu spät gekommen.
Das Bundesamt wollte um „Punkt 11 Uhr“ bundesweiten Probealarm auslösen. So wurde es seit Monaten angekündigt. Doch erst um 11.30 Uhr erreicht diese Warnmeldung die Agenturen: „Bundesweiter Warntag 2020 – Probewarnung: In Deutschland findet heute der Warntag 2020 mit einem bundesweiten Probealarm für alle Warnmittel statt. Es besteht keine Gefahr für die Bevölkerung.“
Bürger wenig beeindruckt
Die Gewarnten waren dann auch wenig besorgt. Allerdings weniger wegen der Warnmeldung, sondern weil es den wenigen Sirenen kaum gelang den Straßenverkehr zu übertönen. Gewöhnt an Autohupen, laute Auspuffanlagen und Musik aus dem Smartphone-Kopfhörer, waren die Bürger*innen mit derartig geringen Dezibelwerten nicht zu beeindrucken. Außerdem wurden in vielen Bundesländern (auch in Berlin!) die Heulbojen bereits vor Jahren abgebaut.
Hightech aus Deutschland
Auch die hochmoderne digitale Technik zeigte sich wenig verläßlich. Warn-Apps wie „Nina“ oder „Katwarn“ schwiegen vielerorts. Die bundesweite Meldung über das Warnsystem „MoWaS“ kam verspätet. „Grund war eine nicht vorgesehene zeitgleiche Auslösung einer Vielzahl von Warnmeldungen“, teilt das Amt entschuldigend mit.
Versagen als „Phänomen“
Das hochmoderne ektronische Warnsystem des Bundes war mit der gestellten Aufgabe (Bevölkerung warnen) einfach überfordert. Für die Verantwortlichen in der Behörde ein „Phänomen“, welches wichtige Erkenntnisse für den Ausbau von MoWaS und die Abstimmung zwischen den beteiligten Stellen geliefert hätte.
Um 11.50 Uhr endete das gespenstische Treiben mit der Agenturmeldung „Bundesweiter Warntag 2020 – Probewarnung: Die Warnung ist aufgehoben“. Was bleibt, ist eine neue behördliche Beschäftigung mit einem schulmeisterlichen Anstrich in Richtung Bevölkerung.