Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU), hat an die Bundesländer appelliert, den Weg für die digitale Aufrüstung der Schulen freizumachen. Bund und Länder hätten eine „sehr gute Vereinbarung erarbeitet, die jetzt schnell zum Abschluss gebracht werden kann“.
Doch das mit den „sehr guten Vereinbarungen“ sieht die Mehrheit der Bundesländer anders. Dort wächst vor der entscheidenden Sitzung des Bundesrates am 14. Dezember der Widerstand. Ganze vier Bundesländer signalisieren, nach einer Bild-Umfrage, Unterstützung für den Reform-Vorschlag von Finanzminister Olaf Scholz. Nur Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg könnten sich dafür erwärmen.
Die Ablehnungsfront der Länder wächst von Tag zu Tag. Die Ministerpräsidenten von Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen sind strikt dagegen. Nach ihrer Meinung greift die, vom Bundestag gebilligte, Grundgesetzänderung zu sehr in die Länderhoheit ein. Bedenken haben auch die Regierungschefs von Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Zweidrittelmehrheit in weiter Ferne
Damit wird es wohl nichts mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit im Bundesrat für den Vorschlag von Finanzminister Olaf Scholz Mitte Dezember. Selbst die SPD-geführten Bundesländer reihen sich in die Ablehnungsfront ein. „Es ist zwar wichtig, dass Bund und Länder eine gemeinsame Lösung in dieser Frage finden. Aber der vorliegende Plan ist für keine Landesregierung zustimmungsfähig – unabhängig davon, welche Partei sie führt“, sagte dazu Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) gegenüber der Bildzeitung.
Es geht um viel Geld
Strittig ist vor allem, ob finanzielle Hilfen des Bundes per Gesetz an ein 50-prozentige Ko-Finanzierung des jeweiligen Landes geknüpft werden darf. Auch die Sorge, dass in den deutschen Innenstädten die ohnehin hohen Mieten weiter steigen würden, habe „nicht ausgeräumt“ werden können, heißt es aus dem niedersächsischen Finanzministerium. Und selbst in Hamburg, der Heimatstadt von Scholz, ist man skeptisch. „Wir werden für Hamburg ganz konkret nachrechnen. Hier kommt es auf das Kleingedruckte an“, so Finanzsenator Andreas Dressel (SPD).
Vermittlungsausschluss soll es richten
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) will jetzt den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen. „Die Landesregierung Thüringens begrüßt den Digitalpakt im Grundsatz“, sagt er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es sei richtig und wichtig, dass sich der Bund an Investitionen in die digitale Infrastruktur der Schulen beteilige. „Allerdings widerspricht die am 29. November vom Bundestag beschlossene mindestens hälftige Ko-Finanzierung durch die Länder allen zuvor gemachten Absprachen und geht vor allem zu Lasten der finanzschwächeren Länder“, so Ramelow.
Kommunen und Lehrer für Digitalpakt
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat die Bundesländer davor gewarnt, den Digitalpakt für Schulen im Bundesrat scheitern zu lassen. „Wir fordern die Länder auf, der Lockerung des Kooperationsverbotes zuzustimmen. Der Digitalpakt darf nicht an den Ländern scheitern“, sagt Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Gute Bildung sei im digitalen Zeitalter eine Aufgabe von herausragender Bedeutung. Diese lasse sich nur mit einer gemeinsamen Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen bewältigen, so Landsberg in der Passauer Neuen Presse.
Die Anbindung der Schulen ans schnelle Netz, eine zeitgemäße technische Ausstattung, WLAN für die Schulgebäude und die Beschaffung neuer, an die Erfordernisse des digitalen Zeitalters angepasste Lehr- und Lernmedien seien mit immensen Kosten verbunden. Bereits jetzt würden die Kommunen allein im Bildungsbereich einen Investitionsrückstand von knapp 50 Milliarden Euro vor sich herschieben, warnt der Geschäftsführer des Städte und Gemeindebundes.
Philologenverband sieht „dritten Weg“
Die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Susanne Lin-Klitzing, mahnte „einen dritten Weg jenseits der umstrittenen Grundgesetzänderung“ an. Dies sei auf der Grundlage der jetzigen verfassungsrechtlichen Lage möglich, wenn der politische Wille bestehe, sagt sie. Die 40.000 Schulen in Deutschland bräuchten Planungssicherheit, eine zeitgemäße digitale Ausrüstung und Breitbandversorgung, so Lin-Klitzing.
SPD: Nahles beschwört Einigkeit
Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles fordert eine schnelle Einigung bei der Grundgesetzänderung für den Digitalpakt. „Wenn es noch offene Fragen zwischen Bund und Ländern gibt, müssen diese zügig geklärt werden, erklärt sie und weiter: „Unser wichtigstes Ziel ist die vom Bundestag beschlossene Abschaffung des strikten Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern in der Bildungspolitik“, so Nahles gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
„Nur mit den Grundgesetzänderungen werden auch die dringend nötigen Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und den öffentlichen Personennahverkehr möglich“, sagt die SPD-Vorsitzende. All das sei so im Koalitionsvertrag verabredet worden.
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R.B. mit Material der dts-Nachrichtenagentur