Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hält eine Umsetzung des Berliner Volksentscheids zur Enteignung von Wohnungsunternehmen für verfassungswidrig.
„Falls ein Sozialisierungsgesetz dieser Art wirklich umgesetzt werden sollte, wird es zu einer höchstrichterlichen Klärung kommen müssen“, meint der erfahrene Jurist. Staatsrechtler hätten erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel geäußert, ob das Berliner Vorhaben rechtlich zulässig wäre: „Ich schließe mich diesen Zweifeln ausdrücklich an“, so Papier gegenüber der Welt. Schon aus formalen Gründen seien Enteignungen nicht möglich.
Anzeige
BuchTIPP > Grundgesetz-Kommentar von Jarass
— Der Klassiker aus dem Beck-Verlag —
Hier bestellen > juristische-fachbuchhandlung
Zwar gebe es im Grundgesetz den Artikel 15: „Wir haben zwar auf der Bundesebene die erwähnte Sozialisierungsmöglichkeit, nicht aber nach der viel jüngeren Berliner Landesverfassung.“ Der Schutz des Eigentums sei hier umfassender als im Grundgesetz. „Insofern hat die weitergehende freiheitsrechtliche Regelung der Landesverfassung für den Berliner Landesgesetzgeber Vorrang. Schon daraus folgt, dass der Landesgesetzgeber keine Sozialisierung anordnen kann“, sagte Papier. Auch materiell lehnt der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Enteignungen ab.
Problem der Gleichbehandlung
„Selbst wenn man das ausblendet, muss man sagen, dass eine Sozialisierung nicht nur in die Eigentumsfreiheit eingreift, sondern auch in die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung und den Gleichheitssatz“, sagt der Rechtswissenschaftler. „Denn wenn Sie ein Gesetz nur für einige bestimmte Wohnungsunternehmen erlassen, dann stellt sich erstens die Frage der Gleichbehandlung. Und es stellt sich des Weiteren die Frage, ob Sie damit nicht letztlich Unternehmen sozialisieren, deren Vergemeinschaftung nach Artikel 15 des Grundgesetzes gar nicht möglich ist.“ Papiers Fazit: „Das Vorhaben kann meines Erachtens verfassungsrechtlich keinen Bestand haben.“
.
dts, rb