Bei der Beschaffung von Arzneimitteln soll der Preis künftig nicht mehr der entscheidende Faktor sein. Das geht aus dem Eckpunktepapier für ein neues Gesetz von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hervor. Der Industrieverband „Pro Generika“ sieht Lauterbach damit auf dem richtigen Weg.
„Das Bundesgesundheitsministerium hat endlich erkannt, dass das Hauptsache-Billig-Prinzip bei Generika die Versorgung destabilisiert hat und zu Engpässen führt“, sagt der Geschäftsführer des Verbandes, Bork Bretthauer. In einem Gespräch mit dem Handelsblatt wurde er deutlicher: „Es ist gut, dass es jetzt gegensteuern will und in einzelnen Bereichen den extremen Kostendruck lockern will.“ Damit gehe das Ministerium an die Wurzel des Problems. „Das ist vor allem mit Blick auf die Kinderarzneimittel richtig, denn zuletzt war die Herstellung dieser Arzneimittel für die Unternehmen unwirtschaftlich geworden.“
Generika-Verband warnt
Lauterbach hatte in einem Eckpunktepapier, über das die SZ berichtete, festgelegt, zukünftig bei der Beschaffung von Medikamenten nicht nur auf den Preis achten zu wollen und so Lieferengpässe zu vermeiden. Der Industrieverband „Pro Generika“ warnt: „Der Spardruck der letzten Jahre hat massive strukturelle Spuren hinterlassen, die nicht über Nacht beseitigt werden können. Eine Steigerung der Produktion beziehungsweise ein Ausbau von Produktionskapazitäten nimmt Monate und zum Teil sogar Jahre in Anspruch“, erklärte „Pro Generika“-Geschäftsführer Bretthauer dazu im Handelsblatt.
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Aktuell sind etwa 300 Arzneimittel in Deutschland nicht lieferbar, darunter auch zahlreiche Mittel für Kinder. Bislang werden die Kosten durch verschiedene Instrumente möglichst niedrig gehalten, dazu zählen etwa Rabattverträge, Festbeträge und ein Preismoratorium. Das macht die Sparte für Hersteller wenig attraktiv, weil sie mit diesen Produkten in Deutschland oft nur geringe Gewinne erzielen. Lauterbach will diese Instrumente zur Preissteuerung im Bereich der Kindermedizin teilweise abschaffen, das Preismoratorium soll auf das 1,5-Fache des aktuellen Werts angehoben werden. Die bessere Gewinnspanne soll die Hersteller motivieren mehr zu produzieren und nach Deutschland zu liefern.
Dauerhafte Lösung
Der Gesundheitsminister will die Krankenkassen rasch informieren, um die prekäre Liefersituation bei den Medikamenten, insbesondere für Kinder, möglichst kurzfristig zu entspannen. Die privilegierte Vergütung von Medikamenten für Kinder soll nicht nur kurzfristig gelten, sondern die Sparte dauerhaft wirtschaftlich attraktiv machen – und so dafür sorgen, dass keine Lieferengpässe mehr entstehen. Ähnliche Maßnahmen sind laut dem Ministeriumspapier für bestimmte Krebsmedikamente und Antibiotika für Erwachsene geplant. Auch hier sollen die Preise, die an die Hersteller gezahlt werden, auf das bis zu 1,5-Fache der aktuellen Vergütung angehoben werden, um die Versorgungssituation zu verbessern.
Flexible Regelung
Die neue Regelung kann auf andere Arzneimittel ausgeweitet werden, wenn sich Lieferengpässe abzeichnen. Um frühzeitig zu erkennen, bei welchen Medikamenten das der Fall sein könnte, soll die Überwachung der Versorgungslage intensiviert werden. Insgesamt sollen bei der Beschaffung von Medikamenten künftig andere Kriterien gelten als bisher. So soll nicht wie bisher nur der billigste Anbieter zum Zug kommen. Stattdessen sollen bei wichtigen Arzneimitteln stets zwei Verträge geschlossen werden: Neben dem günstigsten Anbieter aus dem nicht-europäischen Ausland soll immer auch der günstigste Hersteller aus der EU berücksichtigt werden. Der Auftrag wird dann geteilt.
Versorgungssicherheit als Kriterium
Zudem wird eine Lagerhaltung von bestimmten Arzneimitteln, mit der der Bedarf mehrerer Monate gedeckt werden kann, zur Bedingung dafür werden, dass Hersteller einen Vertrag mit den Krankenkassen abschließen können. Die Maßnahmen passen zu Lauterbachs neuer Prämisse, die Ökonomisierung des deutschen Gesundheitssystems zurückdrängen zu wollen. Auch bei der Krankenhausreform rief der Minister ein Ende des Spardrucks aus. Über die Kosten der nun geplanten Maßnahmen gibt es in dem Papier aus dem Ministerium keine Angaben.
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Quelle: dts-Material