Der Megatrend Digitalisierung verändert die juristische Arbeitswelt. Legal Tech heißt das Zauberwort, welches Mandaten bequem und preisgünstig zu ihrem Recht verhilft. Es geht um die Automatisierung von anwaltlichen Dienstleistungen.
Auf der soeben zu Ende gegangen Frankfurter Buchmesse, präsentierten auch die juristischen Fachverlage ihre neusten Produkte. Neben klassischen Kommentaren und Handbüchern gehören Datenbankmodule inzwischen zum normalen Handwerkszeug für Juristen. Die sehen sich jetzt vor neue Herausforderungen gestellt. Die Automatisierung von anwaltlichen Dienstleistungen verändert Arbeitsweise und Kanzleistruktur.
Legal Tech – Risiko oder Chance
Auch die juristischen Fachverlage, als „Informations-Zulieferer“ für Anwälte, sind von diesen Veränderungen betroffen. Doch ist Legal Tech für sie mehr Risiko oder Chance?
Florian Müller, Vertriebsleiter beim Münchener Beck-Verlag sieht in der Entwicklung mehr eine Chance, als ein Risiko. Für ihn geht es bei Legal Tech um die Unterstützung des Anwalts bei seiner Arbeit. „Es geht darum, wie die Inhalte optimal verwertet und verarbeitet werden können“, sagt Müller, für den juristische Inhalte die Basis aller Legal Tech-Anwendungen sind. Auch eine Datenbank wie Beck-Online ist für ihn ein Legal Tech-Produkt.
Zukunftsmodell „Legal Service Provider“?
Als Legal Service Provider sieht Florian Müller die juristischen Fachverlage nicht. Einige Verlage versuchten zwar mit neuen Serviceleistungen „über den Tellerrand hinauszuschauen“, so Müller, aber diesen Bemühungen steht er kritisch gegenüber. Diese Serviceleistungen beinhalten oft auch einen Zugriff auf verlagsfremde Inhalte und da sieht Müller, der selbst Jurist ist, urheberrechtliche Probleme. „Technisierung kann viel mehr, als heute damit gemacht wird, aber gerade im Anwaltsbereich sind die Anwendungen relativ beschränkt“, sagt Realist Florian Müller.
Erich Schmidt setzt auf Bewährtes
Für Sibylle Böhler, Vertriebsleiterin beim Erich Schmidt Verlag, ist Legal Tech sowohl Risiko wie auch Chance. Bisher aber begleitet der Berliner Fachverlag die Entwicklung eher klassisch durch die Publikation von Printprodukten. So erscheint Ende Oktober das erste Heft einer neuen Zeitschrift zum Thema Legal Tech. Es bestehen aber auch Überlegungen in diesem Sektor selbst aktiv zu werden, sagt Sibylle Böhler während der Frankfurter Buchmesse. Sie sieht ihren Verlag nicht als Legal Service Provider, sondern als „sehr soliden Lieferanten für gutes Wissen“.
Otto Schmidt geht neue Wege
Für Christian Kamradt, Marketingleiter beim Otto Schmidt Verlag ist die Antwort ganz klar: „Neutral – wir haben im Moment durch die am Markt existierenden Legal Tech Anbieter keine Vorteile oder Nachteile.“
Der Kölner Verlag arbeitet mit dem Legal Tech Anbieter „Lawlift“ zusammen. Dieser hat eine Software entwickelt, mit der Anwälte intelligente Vorlagen erstellen können. „Intelligent“ deshalb, weil diese Muster durch eine „ Individualisierung“ bei vielen unterschiedlichen Fallkonstellationen eingesetzt werden können. Der Otto Schmidt Verlag steuert sein Know-how bei Formularbüchern dazu bei. „Lawlift bietet uns eine Plattform, um unsere Formulare in deren Anwendung zu integrieren und mit den in der Kanzlei vorhandenen Formularen zu verbinden“, sagt Christian Kamradt, für den Aktualität ein wichtiger Wettbewerbsvorteil ist.
„Low Level“-Verlage unter Druck
Auf längere Sicht gesehen, glaubt der Kölner Vertriebsprofi, werden Verlage mit einem Angebot im „Low Level Bereich“ Probleme bekommen, da die Legal Tech Systeme immer leistungsfähiger werden. Davon sei der Otto Schmidt Verlag allerdings nicht betroffen, da sich sein Angebot besonders an Top-Rechtsanwälte und Top-Steuerberater richtet. In diesem Kundensegment sind, sagt Christian Kamradt, die Möglichkeiten einer Automatisierung begrenzt.
Als Legal Service Provider sieht auch Kamradt sich nicht. Er sieht die bisherigen Aktivitäten des Verlages im Legal Tech Sektor eher als eine Beteiligungsmöglichkeit, bei der man viel lernen kann.