Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hat am Mittwoch (10.2.) dem Eilantrag einer Antragstellerin aus Gelsenkirchen teilweise stattgegeben. Es ging bei dem Eilantrag um die Maskenpflicht nach der Coronaschutz-Verordnung für NRW.
Erfolgreich war die Antragstellerin bei ihrer Kritik an einer Regelung der Coronaschutzverordnung, nach der (unabhängig vom Mindestabstand) im unmittelbaren Umfeld von Einzelhandelsgeschäften, auf deren Grundstück, Parkflächen oder Zufahrten eine Alltagsmaske zu tragen ist. Der 13. Senat des OVG in Münster sieht in dieser Regelung eine für die Betroffenen unklare Regelung der Coronaschutzverordnung für NRW.
Verstoß gegen Bestimmtheitsgebot
Die umstrittene Regelung genüge nicht den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen, so die Richter. Der Begriff des „unmittelbaren Umfelds“ sei nicht hinreichend klar. Der jetzt erfolgte Eilbeschluss setzt die mangelhafte Regelung der Verordnung vorläufig außer Vollzug. Ansonsten sei aber gegen das Tragen eines Mund-Nasenschutzes wissenschaftlich nichts einzuwenden, meinen die Verwaltungsrichter.
.
Aus der Begründung des Gerichts:
Auch wenn der wissenschaftliche Diskurs über die Eignung insbesondere von Alltagsmasken als Mittel zur Vermeidung von Infektionen mit SARS-CoV-2 nicht abgeschlossen sei, sei auf der Grundlage der gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisse davon auszugehen, dass das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder eines Mund-Nasen-Schutzes („OP-Maske“) andere vor einer Infektion schütze. Es gebe bislang auch keine stichhaltigen Anhaltspunkte dafür, dass durch das – regelmäßig zeitlich begrenzte – Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder eines Mund-Nasen-Schutzes die Aufnahme von Sauerstoff oder die Abatmung von Kohlendioxid objektiv in gesundheitsgefährdender Weise beeinträchtigt werde.
Dass die Coronaschutzverordnung inzwischen für bestimmte, vom Verordnungsgeber als besonders infektionsträchtig identifizierte Bereiche das Tragen einer medizinischen Maske („OP-Maske“ oder nach Wahl des Trägers Masken des Standards FFP2 bzw. KN95/N95) und nicht – als milderes Mittel – weiterhin das Tragen einer Alltagsmaske vorsehe, sei ebenfalls verhältnismäßig. Denn Alltagsmasken erbrächten nicht die in den technischen Normen definierten Leistungsnachweise, wie sie für medizinische Masken vorgesehen seien, und böten deswegen jedenfalls in der Regel weniger Schutz.
Erfolg hatte der Eilantrag lediglich hinsichtlich der Bestimmung, wonach unabhängig von der Einhaltung eines Mindestabstands im unmittelbaren Umfeld von Einzelhandelsgeschäften auf dem Grundstück des Geschäftes, auf den zu dem Geschäft gehörenden Parkplatzflächen und auf den Zuwegungen zu dem Geschäft eine Alltagsmaske zu tragen ist. Diese Regelung genügt nach Auffassung des 13. Senats nicht den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen. Der Begriff des „unmittelbaren Umfelds“ sei nicht hinreichend klar. Der Wortlaut lasse die Auslegung zu, dass es sich dabei nur um einen Radius von vielleicht einigen wenigen Metern vom Eingangsbereich des Geschäfts aus gesehen handele.
Denkbar sei aber auch, dass hiermit ein deutlich größerer Bereich – wie ihn der Verordnungsgeber z. B. für das Verzehrverbot in einem Umkreis von 50 Metern um eine gastronomische Einrichtung bei einem Außer-Haus-Verkauf von Speisen und Getränken gewählt habe – gemeint sei.
Auch die Begründung der Verordnung gebe hierüber keinen näheren Aufschluss. Erfasst werden sollten durch die Regelung danach solche Bereiche, in denen es vornehmlich aufgrund räumlicher Gegebenheiten typischerweise dazu kommen könne, dass der Mindestabstand nicht durchgehend eingehalten werde. Dies ermögliche dem Regelungsadressaten keine präzise Bestimmung des Bereichs, in dem die Maskenpflicht vor Einzelhandelsgeschäften gelten solle. Diese Unklarheiten wögen deswegen besonders schwer, weil ein Verstoß gegen die Maskenpflicht bußgeldbewehrt sei.
Az.: 13 B 1932/20.NE
Der Beschluss ist unanfechtbar.
.
Quelle: PM OVG NRW vom 10.2.2021