Bundesweit haben Staatsanwaltschaften und Landeskriminalämter mindestens 642 Verfahren wegen Abrechnungsbetrug gegen Betreiber von Corona-Testzentren eingeleitet. Ausgangspunkt für die Ermittlungen sind Verdachtsmeldungen von Banken wegen Geldwäsche und Hinweise aus der Bevölkerung.
Eine Umfrage des Handelsblatts bei Staatsanwaltschaften und Landeskriminalämtern bringt das erschreckende Ausmaß betrügerischer Aktivitäten an den Tag. Für die Prüfungen der Abrechnungen bei den Testzentren sind die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) der Länder zuständig. Anscheinend gab es dabei aber Mängel. Bei manchen der Auffälligkeiten könnte es sich aber auch nur um Eingabefehler handeln. Das überprüfen nun die Ermittlungsbehörden.
Undurchsichtige Testpraxis
Vielfach stehen die Ermittlungen noch ganz am Anfang. Der verursachte Gesamtschaden lässt sich bisher noch nicht genau beziffern, da viele Strafverfolgungsbehörden bei laufenden Ermittlungen keine Zahlen nennen. Mehr als die Hälfte der Fälle kommen aus Berlin, wo das dortige Landeskriminalamt 347 Verfahren einleitete.
Schäden in Millionenhöhe
Allein bei fünf Verfahren in Bochum, Offenburg, Freiburg und Mannheim droht der Staatskasse ein geschätzter Schaden von 50 Millionen Euro. Mehrere Behörden berichten übereinstimmend, dass Menschen per Mail negative Ergebnisse erhalten hätten, während sie noch in der Schlange vor der Teststation warteten.
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In Baden-Württemberg ist die Fallzahl laut LKA dreistellig. Das Stuttgarter Gesundheitsministerium zeigt sich besorgt, dass „halbseidene Betreiber bis hinein ins kriminelle Milieu“ Teststellen betrieben und rechnet mit einer hohen Dunkelziffer in Großstädten. Bayerns Justizministerium teilte mit, im Freistaat seien 60 Ermittlungen wegen mutmaßlichem Testbetrug eingeleitet worden.
Politik zu naiv ?
Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) nennt es einen „Skandal, wenn hier betrogen wird“, gerade, weil es „um die Gesundheit von Menschen geht“. Von der KV Niedersachsen heißt es: „Die allermeisten Anbieter von Teststellen erfüllen ihre Aufgabe ordnungsgemäß.“ Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Tino Sorge, fordert, die Zahl der Kontrollen bei Testzentren zu erhöhen. Häufig werden Ermittlungen gegen Betreiber von Testzentren eingeleitet, weil Banken einen Geldwäscheverdacht melden.
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Quelle: dts, bo