Wer bis 100.000 Euro jährlich verdient, braucht zukünftig nicht mehr befürchten, für die Pflegekosten seiner Eltern herangezogen zu werden. Mit dem am Mittwoch (14.8.) vom Kabinett auf den Weg gebrachten Gesetzesentwurf will die Regierung vor allem Familien entlasten.
Fast 400.000 ältere Menschen können, nach aktuellen Regierungsangaben, nicht für ihren Pflegedienst oder die Pflegeheimkosten alleine aufkommen. Nach der bisherigen Gesetzeslage können ihre Kinder zu Unterhaltszahlungen herangezogen werden, wenn die Eltern Sozialleistungsbezieher sind. Das Bundeskabinett hat nun beschlossen, von Angehörigen erst dann einen Beitrag zu fordern, wenn deren Brutto-Jahreseinkommen 100.000 Euro übersteigt.
Regierung schließt Gerechtigkeitslücke
Diese Entlastung von Familien ist nach Meinung von Hubertus Heil (SPD), dem zuständigen Arbeits-und Sozialminister „längst überfällig“. Eltern und Kinder sind nach seiner Meinung durch die Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen oft stark belastet und tragen eine große Verantwortung. „Wir nehmen ihnen jetzt die Angst vor unkalkulierbaren finanziellen Forderungen“, sagt Heil, der auch dafür gesorgt hat, dass zukünftig Familien mit behinderten Kindern mehr Unterstützung erhalten.
Für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gilt die neue Einkommensgrenze von 100.000 Euro schon länger. Mit dem Gesetzesvorhaben beendet die Koalition eine jahrelange Ungleichbehandlung.
Verbesserungen für Menschen mit Behinderung
Verbessert werden soll mit dem neuen „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ auch die Eingliederung von Menschen mit Behinderung in den regulären Arbeitsmarkt. Bisher wurde nur die berufliche Bildung in einer Behindertenwerkstatt gefördert. Dort konnten sie aber keinen anerkannten Berufsabschluss erwerben.
Außerdem gibt es Änderungen bei der Zuzahlungspflicht im Falle einer sogenannten „Eingliederungshilfe“. Diese fällt an, wenn zum Beispiel eine Wohnung behindertengerecht umgebaut werden muss. Auch hier wurden die Angehörigen bisher herangezogen.
Kommunen kritisieren die Gesetzesinitiative
Zu befürchten seien Belastungen in Milliardenhöhe, sagt der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg. Heil dürfe nicht das Solidaritätsprinzip des Sozialhilferechts aushöhlen. „Es ist grundsätzlich zumutbar, dass Kinder und Eltern gegenseitig füreinander einstehen. Daran sollte nicht gerüttelt werden“, so Landsberg in einer ersten Stellungnahme gegenüber der Funke-Mediengruppe.
Für Sozialverband „ein wichtiger Schritt“
Der Sozialverband VdK begrüßte das Gesetz dagegen. Es sei „ein wichtiger Schritt“, sagt deren Verbandspräsidentin Verena Bentele gegenüber der Funke-Gruppe. Viele ältere Menschen würden davor zurückschrecken Hilfe vom Sozialamt in Anspruch zu nehmen. „Sie gehen nicht ins Heim, obwohl sie zu Hause nicht mehr ausreichend versorgt werden können, damit ihre Kinder nicht belastet werden“, so Bentele.
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Quellen: PM BR, dts