„Viele Städte und Gemeinden sind bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Vertriebenen längst an ihrer Leistungsgrenze“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. Die Situation sei kaum noch beherrschbar.
Es würden sogar Hotelzimmer angemietet und Turnhallen zu Notunterkünften umfunktioniert. Das sei keine Dauerlösung wurde der Kommunalvertreter im Handelsblatt deutlich. Das Thema müsse von der Bundesregierung endlich zur „Chefsache“ erklärt werden. Der gleichen Meinung ist auch der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager. Auch er sieht akuten Handlungsbedarf. Ein „Krisentreffen“ mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei überfällig.
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Die Belastungsgrenze bei der Flüchtlingsaufnahme sei oft überschritten. „Die Situation vor Ort ist nicht einfach, dies stellt auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Frage“, warnt Sager. „Der Bund muss sofort den weiter stattfindenden Zustrom begrenzen, die europäischen Außengrenzen müssen geschützt und die Rückführungen innerhalb der EU deutlich verstärkt werden“, meint Sager und verweist auf die stark gestiegene Zuwanderung insbesondere aus Syrien und Afghanistan.
Anstieg fast 50 Prozent
Nach einem Bericht der Welt am Sonntag ist letztes Jahr die Zahl der Asylanträge in Europa um die Hälfte angestiegen. Die Zeitung beruft sich auf einen vertraulichen „Situationsbericht zur Migration und Flüchtlingslage“ der EU-Kommission vom 11. Januar. Danach ist die Zahl der Asylanträge in den 27 EU-Ländern im vergangenen Jahr auf 923.991 angestiegen – ein Plus von 46,5 Prozent gegenüber 2021. Der „Situationsbericht“ der EU-Kommission bezieht sich dabei auf bisher unveröffentlichte Zahlen des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EUAA) vom 4. Januar 2023.
Fluchtziel Deutschland
Letztes Jahr wurden EU-weit in Deutschland die meisten Asylanträge gestellt (226.467 Anträge) . Es folgen Frankreich mit 154.597 Anträgen und Spanien mit 116.952 Anträgen. Jeder dritte Antragssteller in Deutschland kommt aus Syrien. Danach folgen Flüchtlinge aus Afghanistan (17 Prozent) und dem Irak (6,7 Prozent). Der türkische Anteil bei den Asylanträgen lag bei 10 Prozent. In der Europäischen Union stellen Syrer die meisten Asylanträge, gefolgt von Afghanen, Türken, Venezolaner und Kolumbianern. Das EU-Dokument verweist zudem auf die „nahezu fünf Millionen Registrierungen für vorübergehenden Schutz von Personen, die aus der Ukraine geflohen sind“. Auch diese sorgen für Unterbringungsprobleme in den Kommunen.
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Die Regierung sei mit allen Beteiligten im Kontakt, bestätigte der migrationspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci, dem Handelsblatt. Es bestehe „grundsätzlich Handlungsbedarf“, so der SPD-Politiker. Für ihn gehört das Thema „ganz sicher auf die Tagesordnung“. Castellucci beschreibt die die momentane Situation in den Gemeinden so: Die Kommunen sind „unterfinanziert, zum Teil hoch verschuldet und alles kommt bei ihnen an“.
Politik hofft auf Brüssel
Die Flüchtlingssituation sei besorgniserregend, bestätigt der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae in einer ersten Reaktion auf den Hilferuf der Kommunalverbände. Es sei wichtig, die Asylverfahren zu beschleunigen und Menschen ohne Bleibeperspektive „zügig in ihre Herkunftsländer zurückzuführen, um die Kommunen zu entlasten“. Thomae fordert mehr europäische Solidarität. „Um eine wirklich tragfähige Lösung zu finden, ist ein europäischer Flüchtlingsgipfel notwendig“, so der FDP-Politiker.
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Quelle: dts-Material