Markige Worte, aber zögerliches Handeln bestimmen die Asyl- und Flüchtlingspolitik der Ampel-Regierung. Dabei äußerte sich Innenministerin Nancy Faeser (SPD) schon Ende September bei Bild am Sonntag besorgt über steigende Flüchtlingszahlen auf der Balkanroute.
Schwerpunkt der unerlaubten Einreisen sind, laut Bundespolizei, die deutsch-tschechische und die deutsch-österreichische Landgrenze. Deshalb sollen an die Grenzkontrollen an der österreichischen Grenze verlängert und die Schleierfahndung an der tschechischen Grenze verstärkt werden. Faeser: „Wir sind gemeinsam in der Verantwortung, illegale Einreisen zu stoppen, damit wir weiter den Menschen helfen können, die dringend unsere Unterstützung brauchen.“
Weitere Flüchtlinge erwartet
Gemeint sind die ukrainischen Kriegsflüchtlinge, von denen sich inzwischen knapp eine Million in Deutschland aufhalten. „Je länger der Krieg dauert, desto schwieriger ist es, so viele Geflüchtete gut unterzubringen und zu versorgen“, so die SPD-Politikerin. Sie rechnet mit weiteren Kriegsflüchtlingen: „Angesichts der furchtbaren Bilder dieser Tage in der Ukraine kann es durchaus sein, dass ein paar Menschen wieder aus der Ukraine natürlich auch fliehen werden“, sagte Faeser in einem Interview Anfang November bei RTL Aktuell.
Illegale Migration nicht legalisieren
Der Vizechef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Manuel Ostermann, kritisiert bei Bild, Faeser habe zuletzt mehr über Bargeld-Obergrenzen statt über Zuwanderungsgrenzen diskutieren wollen. Für Ostermann ist Deutschland erneut „Mittelpunkt der Migrationskrise“. Priorität hätten jetzt „die Einführung von Grenzkontrollen, die Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht und der Wille, illegale Migration nicht durch die Hintertür zu legalisieren.“
FDP fordert Neuanfang
Selbst vom Ampel-Partner kommt Kritik. Manuel Höferlin, innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, forderte einen „Neuanfang in der Migrations- und Integrationspolitik“. Der Bild-Zeitung sagte er: „Straftäter müssen konsequent abgeschoben werden. Auf der anderen Seite möchten wir die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften durch die Einführung eines Punktesystems nach kanadischem Vorbild erleichtern“.
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Im Stich gelassen fühlen sich die Kommunen, welche das Zaudern der Bundesregierung bei der Unterstützung zu spüren bekommen. Dazu sagte Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, bei Bild am Sonntag: „Die Kommunen stehen schon heute vor einer Situation wie in den Jahren 2015 und 2016 und vieles deutet darauf hin, dass im Winter noch sehr viel mehr Menschen nach Deutschland fliehen werden“. Putin zerstöre in der Ukraine gezielt Infrastruktur, die die Menschen im Winter brauchten. Gleichzeitig wachse in anderen Teilen der Welt Armut, Arbeitslosigkeit und Nahrungsmittelknappheit.
Berlin: Zu viele Flüchtlinge
Bereits Ende September warnte Landsberg: „Schon heute gibt es viele Kommunen, die Menschen in Turnhallen unterbringen müssen, weil alle anderen Kapazitäten erschöpft sind. Wird das noch mehr, dann steuern wir auf einen echten Unterbringungsengpass im Winter zu“.
Inzwischen sind seine Befürchtungen Realität geworden. Schon Ende Oktober meldete Berlin eine Überlastung durch zu viele Flüchtlinge. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) erklärte: „Gerade wir Stadtstaaten und besonders Berlin als Hauptanziehungspunkt haben unsere Kapazitäten mittlerweile nahezu ausgeschöpft“.
Kommunen am Anschlag
Über 340.000 Ukrainer seien in der Hauptstadt erstversorgt worden und 100.000 von ihnen hätten ihren Wohnsitz inzwischen in Berlin. Giffey: „Wir brauchen dringend weitere Immobilien des Bundes, um Menschen gut unterzubringen, finanzielle Unterstützung für die immensen Kosten und eine gerechte Verteilung im Bundesgebiet“. Das sieht der sächsische Ministerpräsident, Michael Kretschmer (CDU), auch so. Er sagt: „Die Bundesregierung muss uns endlich bei der Finanzierung der Unterbringung unterstützen. Die Kommunen sind am Anschlag, ohne die zugesagte Unterstützung sind sie bald nicht mehr handlungsfähig.“
Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy fordert umgehende Hilfen für die Kommunen. Der Süddeutschen Zeitung sagte er: „Wir sehen deutlich, dass die Aufnahmekapazitäten in vielen Städten ausgeschöpft sind. Bund und Länder müssen mehr eigene Immobilien unbürokratisch und mietfrei für die Unterbringung von Geflüchteten bereitstellen“. Außerdem müsse sich der Bund stärker als bisher an den Kosten der Integration beteiligen, für die er bislang „keinen Cent“ zahle.
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Quelle: dts-Material