Stolpert ein Fußgänger über ein gut sichtbares Hindernis auf dem Gehweg, welches er zwar gesehen, aber wieder vergessen hat, so hat er keinen Anspruch auf Schmerzensgeld. Außerdem müssen die Eltern nicht für ihre erwachsenen Kinder haften. Das entschied jetzt das Oberlandesgericht in Köln.
Bei dem Rechtsstreit ging es um eine Sperrholzplatte mit den Maßen 100 x 150 Zentimeter. Diese verengte einen Gehweg in Würselen. Die Platte lehnte schräg vor einem Erdgeschossfenster. Sie diente dazu, vorübergehend Wasser aus einer defekten Regenrinne abzuleiten.
Eine Fußgängerin sah das Hindernis und wollte einer entgegenkommenden Frau mit Kinderwagen den Vortritt an der Engstelle lassen. Deshalb blieb sie stehen und kam mit der jungen Mutter ins Gespräch. Dabei wandte sie sich von der schrägstehenden Platte ab. Durch das Gespräch abgelenkt, vergass die Frau die Behelfsregenrinne. Als sie weitergehen wollte, drehte sie sich um und stolperte dabei über die Holzplatte. Das Ergebnis des Sturzes war ein Oberarmbruch.
Vor dem Landgericht in Aachen forderte die Frau von dem Hausbesitzer ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 9500 Euro. Das Gericht wies die Klage als unberechtigt ab. Jetzt wandte sich die Frau an das zuständige Oberlandesgericht, um sich dort zu beschweren. Nachdem aber der 7. Senat des OLG Köln die Klägerin auf die fehlenden Erfolgsaussichten ihrer Berufung hingewiesen hatte, zog sie ihre Beschwerde zurück.
Aus der Begründung des Gerichts
Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass die Platte zwar ein Hindernis für die Benutzer des Gehweges dargestellt habe und grundsätzlich eine Verpflichtung der Beklagten bestehe, Schäden anderer aufgrund der von ihr geschaffenen Gefahrenlage zu verhindern. Vorliegend seien jedoch keine weiteren Schutzmaßnahmen erforderlich gewesen. Schon nach eigenem Vortrag habe die Klägerin die Platte als Hindernis sofort erkannt.
Gerade durch dieses Hindernis habe sie sich veranlasst gesehen, zunächst die andere Passantin vorbeizulassen. Dass sie die Platte während der wenigen Minuten ihrer Unterhaltung mit der Passantin vergessen habe, stelle einen gänzlich unwahrscheinlichen Geschehensablauf dar. Das Hindernis in Form der Sperrholzplatte sei deutlich sichtbar gewesen und von der Klägerin auch erkannt worden. Es sei nicht ersichtlich, was die Beklagte noch hätte unternehmen können.
Eine weitere Absicherung hätte allenfalls dazu dienen können, das bereits sehr gut sichtbare Hindernis noch besser erkennbar zu machen. Dies hätte im vorliegenden Fall allerdings nichts genutzt, da die Klägerin es auch so erkannt hatte. Schließlich habe es auch einen nachvollziehbaren sachlichen Grund gegeben, jedenfalls kurzfristig die Platte auf dem Bürgersteig aufzustellen. Die Klägerin habe zwar ein „Unglück“ erlitten, könne jedoch der Beklagten kein „Unrecht“ vorhalten.
Ergänzend hat der Senat ausgeführt, dass eine Haftung der Beklagten zusätzlich deshalb ausscheide, weil sie nicht selbst, sondern ihr erwachsener Sohn die Platte aufgestellt habe. Bei Tätigkeiten im Zusammenhang mit einer häuslichen Gemeinschaft seien erwachsene Kinder mangels Weisungsgebundenheit aber keine „Verrichtungsgehilfen“ ihrer Eltern. Deshalb scheide auch eine Haftung gem. § 831 BGB aus.
Beschluss des OLG Köln vom 4.2.2020 – Az. 7 U 285/19
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Quelle: PM OLG Köln vom 12.5.2020