In den NRW-Jugendgefängnissen stehen viele Zellen leer und in den normalen Justizvollzugsanstalten des Landes werden die Zellen knapp. Einige Experten wollen Ersatzfreiheitsstrafen in soziale Arbeit umwandeln, um die Gefängnisse zu entlasten und Kosten zu sparen.
Verantwortlich für die unterschiedliche Entwicklung bei der Belegung seien, laut Bund der Strafvollzugsbediensteten, bei Jugendlichen mildere Gerichtsurteile. „Es ist so, dass die Richter es möglichst vermeiden wollen, einen Jugendlichen ins Gefängnis zu schicken“, sagte Peter Brock, Landesvorsitzender des Bunds der Strafvollzugsbediensteten (BSBD) in einem Gespräch mit der „Rheinischen Post“.
Nach Angaben des NRW-Justizministeriums hat sich die Anzahl der Verurteilungen von Jugendlichen in den Jahren 2004 bis 2015 mehr als halbiert. Ähnlich sehe es bei den 18- bis 21-Jährigen aus. In dem Alter sei, laut Justizministerium, ein Rückgang von 34,6 Prozent an Verurteilungen zu verzeichnen.
Haftplätze werden knapp
Bei den „normalen“ Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen ist die Situation eine ganz andere. Hier herrscht Überbelegung. In der JVA Dortmund sitzen momentan 426 Insassen ein, obwohl die Haftanstalt nur 405 Plätze hat. In der JVA Bielefeld-Brackwede sind es 556 Gefangene bei 542 Plätzen; in der JVA Duisburg-Hamborn sind es 322 Insassen bei 311 regulären Plätzen. „Ein Gefängnis gilt schon bei einer Belegungsquote ab 90 Prozent als voll“, erklärt Peter Brock. Vergleichbar ist die Belegungssituation in Aachen, Bochum, Castrop-Rauxel, Detmold, Düsseldorf, Essen, Euskirchen, Geldern und Köln.
Vorratshaltung bei Haftplätzen zu teuer
In einem Gespräch mit JUDID sagte der Leitende Regierungsdirektor Rupert Koch, ein ausgewiesener Experte für Fragen des Strafvollzugs in Nordrhein-Westfalen: „Die Zahlen der Gefangenen schwanken teilweise erheblich, aber wir können nicht auf Vorrat zwei Gefängnisse bauen. Das wäre kostenmäßig nicht zu finanzieren. Wir versuchen das Problem durch Umverteilung zu lösen.“
Ersatzfreiheitsstrafen verschärfen das Problem
Es gibt einen weiteren Grund für die Überbelegungen. Es sind die sogenannten Ersatzfreiheitsstrafen. Dabei handelt es sich um Strafen für Delikte wie Schwarzfahren, kleinere Diebstähle oder Fahren ohne Führerschein. Wenn die Übeltäter ihre Geldstrafe nicht bezahlen wollen oder können droht ihnen eine Haftstrafe. Nach Expertenschätzungen werden alleine 10 Prozent der regulären Haftplätze durch Ersatzfreiheitsstrafen belegt. Das verursacht erhebliche Kosten für den Staat.
Auch Experte Rupert Koch sieht die Ersatzfreiheitsstrafe differenziert: „Was soll man machen, wenn die Betroffenen die Strafe nicht zahlen wollen und auch keine Ersatzarbeit leisten wollen, da bleibt dem Staat als letztes Mittel nur noch die Ersatzfreiheitsstrafe.“
R.B. mit Material der dts-Nachrichtenagentur