Immer mehr Spielhallen müssen bundesweit schließen. Der Grund: das Glücksspielangebot soll begrenzt werden und der „natürliche Spieltrieb der Bevölkerung“ in geordnete und überwachte Bahnen gelenkt werden. So ist es im Glücksspielstaatsvertag der Bundesländer festgelegt worden.
Vorrangiges Ziel des Staatsvertrages aus dem Jahr 2008 ist die Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspiel- und Wettsucht. Außerdem sollen die Bundesländer Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung schaffen, um Jugend- und Spieler besser zu schützen.
EuGH – der Spielverderber
Die Bundesländer räumten sich im Glücksspielstaatsvertrag ein uneingeschränktes Glücksspielmonopol für den staatlichen Sportwettenanbieter Oddset ein. Damit war Schluß, als der europäische Gerichtshof klarstellte, daß dieses staatliche Glücksspielmonopol gegen europarechtliche Vorgaben verstößt.
Glücksspieländerungs-Staatsvertrag
Im Jahr 2012 wurde ein Glücksspieländerungs-Staatsvertrag von den Bundesländern (ohne Schleswig-Holstein) beschlossen. Er beendet das Lotto-Vertriebsverbot über Internet, erlaubt einen grenzüberschreitenden Lotto-Jackpot und Werbung für Spielbanken. Auch die Spielhallen waren von erheblichen Änderungen betroffen. Ihren Betreibern und den Kommunen wurde eine Übergangsfrist von fünf Jahren gesetzt, um die neuen Anforderungen für Genehmigung und Betrieb einer Spielhalle in die Praxis umzusetzen.
Umsetzung durch die Länder unterschiedlich
Diese Anforderungen sind je nach Bundesland recht unterschiedlich. In Nordrhein-Westfalen müssen zwischen einer Schule und einer Spielhalle 350 Meter liegen, in Berlin sind es 200 Meter. Ähnliches gilt auch für den Mindestabstand zwischen den einzelnen Spielhallen.
Dieser beträgt in NRW 350 Meter, in Niedersachsen 100 Meter und in Berlin sogar 500 Meter.
Zusammenballungen von Spielhallen soll es zukünftig nicht mehr geben. Auch die Anzahl der Geldspielautomaten wurde reduziert. In Nordrhein-Westfalen dürfen noch 12 Spielautomaten in einer Spielhalle stehen. In Berlin und Hamburg sind nur noch 8 Geldspielautomaten pro Spielhalle erlaubt.
Gesundheitsschutz vor Bestandsschutz
Die im Glücksspieländerungs-Staatsvertrag gesetzte Frist lief Mitte 2017 ab und jetzt müssen die ersten Spielhallen schließen. Sie können die neuen Anforderungen nicht erfüllen. Spielhallenbetreiber und Automatenaufsteller setzen sich vor dem Verwaltungsgericht gegen eine Schließung zur Wehr. Der Essener Anwalt und Gewerberechtsspezialist Jörg Schintze, der zahlreiche Betroffene rechtlich vertritt sagt im JUDID-Interview: „Das sind Unternehmer zweiter Klasse.“ Nach seiner Meinung haben die Spielhallen momentan keine Rechtssicherheit.
Gemeinden als Verlierer
Neben den Spielhallenbetreibern gibt es einen weiteren Verlierer. Das sind die Kommunen. Zwischen 25 und 35 Prozent vom Ertrag einer Spielhalle gehen in Form von Steuern und Abgaben direkt an die Gemeinde! Dazu kommen noch die ortsübliche Gewerbesteuer und diverse Gebühren. Die Schließung einer Spielhalle bedeutet für die Stadtkasse einen erheblichen Einnahmeausfall. Je mehr Spielhallen schließen müssen, desto größer ist das Finanzloch für den Kämmerer. Zusätzlich droht der Verlust vieler Arbeitsplätze. Hier lauern für die Gemeinden weitere Kostenrisiken. Ein Finanzausgleich für die Steuerausfälle der Gemeinden durch die Bundesländer ist bisher nicht vorgesehen. Pikant: Die Einnahmen der staatlichen Casinos, der Lotto-Anbieter, oder der Rennbahnen fließen direkt an die Bundesländer, die Verfasser des Glücksspielstaatsvertrages.
Trend zur Digitalisierung – auch für Zocker
Die Gewinner der restriktiven Politik gegen Spielhallen sind die diversen Anbieter im Internet. „Da kann man alles spielen, was die Spielhallen auch anbieten“ meint der Essener Rechtsanwalt Jörg Schintze. Seiner Meinung nach werden sich die Menschen nicht vorschreiben lassen, wann und wo sie spielen. Wenn die Spielhallen geschlossen werden, wird halt im Internet gespielt. Hier greift aber staatliche Kontrolle und Fürsorge nur in geringerem Maße, da viele Spieleanbieter im Ausland sitzen.
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