„Die Gas- und Elektrizitätsversorgung der Bundesrepublik Deutschland wird nicht gefährdet“, heißt es in einem bisher geheim gehaltenen Gutachten der ehemaligen Bundesregierung. Das 54-seitige Gutachten stammt vom Dezember letzten Jahres. Wie der Spiegel berichtet, war das Gutachten auch dem Finanzministerium unter der damaligen Leitung von Olaf Scholz (SPD) bekannt.
Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die inzwischen zerstörte Gaspipeline Nord Stream 2 die Versorgungssicherheit Deutschlands verbessern würde. An der Versorgungssicherheit änderten auch „die besonderen Umstände des Einzelfalls“ nichts, ebensowenig der „Grundsatz der Energiesolidarität“ in der EU. Noch kurz vor dem Ende der regulären Regierungszeit (2 Tage) schickte der damalige Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) das Gutachten an die Bundesnetzagentur, damit der Genehmigungsprozess für die neue Leitung weitergehen konnte. Gegengezeichnet wurde es vom Bundesfinanzministerium, welches zu diesem Zeitpunkt der heutige Bundeskanzler Scholz leitete.
Gutachten: Fast 90 % Abhängigkeit
Aus der Feststellung, dass sich die „Importabhängigkeit der EU deutlich erhöht“ habe und heute bei „fast 90 Prozent“ liege, zog das Wirtschaftsministerium nicht den Schluss, dass mit Nord Stream 2 die Abhängigkeit noch größer, noch riskanter werden könnte. Stattdessen heißt es in dem Papier: „In diesem Kontext erhöht die Nord Stream 2-Pipeline die europäische Versorgungssicherheit, da sie die Gasversorgung aus neuen Feldern der Jamal-Halbinsel ermöglicht.“
Negative Erfahrungen ignoriert
Das Wirtschaftsministerium wischte auch Bedenken weg, die in dem Anhörungsverfahren für das Gutachten von der Ukraine und Polen vorgetragen worden waren. Der ukrainische Gas-Staatskonzern etwa wies darauf hin, dass Gazprom im Herbst 2021 die Liefermengen durch die ukrainischen Pipelines gekürzt habe. Die polnischen Experten erinnerten das Wirtschaftsministerium daran, dass Russland im Gasstreit mit der Ukraine 2008/2009 und auch 2014 schon die Bereitschaft gezeigt habe, Gas als politisches Instrument zu nutzen.
Buchanzeige der Juristischen Fachbuchhandlung, Essen
NEU >> Handbuch Öffentlich-rechtliches Äußerungsrecht
Erste Gesamtdarstellung zu diesem Thema!
Information / Bestellung > juristische-fachbuchhandlung
Außerdem sei Gazprom „aufgrund personeller Überschneidungen direkt mit der russischen Regierung verflochten und diese daher in der Lage, über Gazprom politischen Druck auf die Mitgliedstaaten auszuüben“. Das Wirtschaftsministerium erwiderte darauf, es habe „diese Hinweise geprüft, sieht im Ergebnis aber keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung der Gasversorgungssicherheit durch die Zertifizierung“.
.
Quelle: dts, bo